Der Aufschrei nach den Bildern von misshandelten Tieren in italienischen Geflügelfabriken war groß, die Konsequenzen im heimischen Lebensmittelhandel werden hoffentlich gezogen. Denn kein Mensch möchte das Fleisch von gequälten Tieren am Teller haben und immer weniger Menschen sind bereit zu akzeptieren, dass importierte Tierqual in den Kühlregalen der Handelskonzerne liegt. Leider ist das nach wie vor traurige Realität.
Und was die wenigsten von uns wissen: Die ausländischen Hühner werden, im Gegensatz zu den heimischen Tieren, auch nicht mit gentechnikfreiem Soja gefüttert. Dass Hühner in Italien und sonst wo im Jahr 2022 immer noch mit gentechnisch verändertem Soja gemästet werden ist ein wesentlicher Qualitätsunterschied und eine Umweltsünde sondergleichen. Jeder Griff zu diesem Fleisch ist also ein Schritt in die Vergangenheit.
Aufbauend auf den Aufdeckungen aus Italien, hat oekoreich bei den wichtigsten Supermärkten nachgefragt, ob und in welchem Ausmaß das dubiose Fleisch des Geflügelgiganten AIA aus Italien im Sortiment liegt. Denn es ist wichtig, dass Konsumenten erfahren, welche Handelskonzerne sich nach wie vor von solchen Unternehmen beliefern lassen und welche hingegen bereits aus dem Import-Geschäft ausgestiegen sind.
Wir haben bei allen Anbietern nachgefragt
Angefragt wurden Marktführer SPAR, der zweitplatzierte Handelsriese REWE, der Diskonter HOFER sowie die Nachzügler LIDL und MREIS. Außerdem haben wir auch beim Großhandel nachgefragt, der die Gastronomie beliefert, hier konkret TRANSGOURMET und KRÖSWANG. Fast alle Konzerne haben fristgerecht geantwortet, wer sich hingegen gar nicht dazu geäußert hat, wird wohl seine Gründe dafür haben.
Der heimische Platzhirsch SPAR hat leider nicht schriftlich reagiert, von ihm wissen wir allerdings, dass er das dubiose AIA-Fleisch im Regal hat. Und zwar auch nicht zu wenig davon, von Flügel über Schnitzel bis hin zu Bruststreifen für den Salat finden sich im Kühlregal von SPAR. Einer Stellungnahme nach Aufkommen des Skandals entsprechend wird der Konzern den Vorfall prüfen, eine Auslistung ist aber bislang offenbar nicht im Gespräch.
Viel Werbung, aber sehr schlechte Kommunikation
Anders sieht es bei REWE aus. Zunächst wird festgehalten, dass keine einzige REWE-Tochter, also weder BILLA noch PENNY oder sonst ein Subunternehmen, eine Geschäftsbeziehung mit dem in der Kritik stehenden italienischen Produzenten AIA pflegt. Das ist schon mal gut zu wissen. Doch es kommt noch besser, denn BILLA verkauft nach eigenen Angaben ausschließlich österreichisches Frischfleisch, neben Schwein und Rind auch bei Geflügel.
Der deutsche Diskonter HOFER, der zumindest in seiner Werbung immer mit besonderer Regionalität hervorsticht, hat uns leider nicht geantwortet. Ob das was damit zu tun hat, dass bei ihm auch andere dubiose Lieferanten nachgewiesen wurden – etwa das Fleisch vom ukrainischen Agrarkonzern – kann daher nicht verifiziert werden. Ein Unternehmen, das sich trotz Milliardenumsatz derart in Schweigen hüllt, wirft aber grundsätzlich viele Fragen auf.
Es geht auch anders
Der in Österreich noch deutlich kleinere aber auf Wachstumskurs ausgerichtete HOFER-Konkurrent LIDL zeigt hingegen, dass Kommunikation auch offensiv gelebt werden kann. Binnen kürzester Zeit kam die Antwort auf die Anfrage, die, reduziert auf das Wesentlichste, die wichtigste und für Konsumenten des Konzerns durchaus beruhigende Information enthielt: „Wir bieten kein Fleisch des besagten Herstellers bei uns an.“
Genau so lebt man es auch bei TRANSGOURMET, dem Riesen aus dem Großhandel. Die mit der Kommunikation betraute Agentur ließ uns in Windeseile wissen, dass Transgourmet Österreich keine Geschäftsbeziehung mit AIA hat. Somit kann ausgeschlossen werden, dass in Restaurants und Kantinen, die von TRANSGOURMET in Österreich beliefert werden, das Fleisch aus diesen grausamen Tierfabriken des italienischen Konzerns landen.
Ein Negativfall und ein Hybrid aus Tirol
Ein weiteres Negativbeispiel für Kommunikation lieferte hingegen die Firma KRÖSWANG, ebenfalls Lieferant von Gastronomie und Hotellerie. Statt die doch eigentlich recht einfache Frage schnell und unkompliziert zu beantworten, entschied sich das millionenschwere Unternehmen zur Nicht-Kommunikation. Ob man sich damit eine Hintertür für dubioses Fleisch offenhalten möchte, das konnten wir damit natürlich nicht feststellen.
Und dann ist das noch MPREIS. Das Unternehmen aus Tirol, das dort zu den großen Anbietern zählt, scheint eine Doppelstrategie zu fahren. Denn einerseits wurde das AIA-Huhn bereits im Jahr 2021 ausgelistet, damit ist man zum Beispiel dem Marktführer SPAR einen großen Schritt voraus. Auf Schnitzel, Filet oder Keulen aus Italien wird seither konsequent verzichtet, das gesamte Fleisch stammt aus Österreich.
Anders sieht es hingegen bei Convenience-Produkten aus, die nach wie vor mit Import-Ware gemacht werden, auch vom dubiosen AIA-Konzern. Darunter fallen etwa „Kebab-Hühnchen“, mariniertes Hühnerschnitzel oder Cordon Bleu. Auch Innereien werden vom italienischen Anbieter bezogen. Man sei jedoch mit einem österreichischen Hersteller bereits in Kontakt, um das mittelfristig zu ändern. Das kann man nur empfehlen.
Fazit: Man muss es nur wollen
Die von Handelsunternehmen aber auch von Gastronomiebetrieben oft bemühte Ausrede, dass nicht genügend heimische Ware verfügbar und man daher auf Importe angewiesen sei, entpuppt sich darüber hinaus nun als Mär. Denn wie die Geflügelwirtschaft kürzlich betonte, könne man bei rechtzeitiger Bestellung alles liefern, was benötigt werde. Es gebe also überhaupt keinen Grund, mit derlei dubiosen Konzernen wie AIA zu arbeiten:
"Der österreichische Lebensmittelhandel kann zu jeder Zeit mit ausreichend hochwertigem Geflügel aus Österreich versorgt werden. Der österreichische gesetzlich festgelegte Haltungsstandard bei Geflügel gehört zu den strengsten und für die Tiere besten Haltungsstandards weltweit. Wenn Einkäufer des Lebensmittelhandels österreichische Geflügelprodukte rechtzeitig bestellen, dann sind heimische Geflügelvermarkter immer lieferfähig" sagt dazu recht deutlich Markus Lukas, Obmann-Stellvertreter der Dachorganisation der österreichischen Geflügelwirtschaft.
Bleibt zu hoffen, dass auch der Branchenriese SPAR sich diese Worte endlich zu Herzen nimmt und spätestens jetzt den Ausstieg aus dem Tierleid-Import vollzieht. Die Aufdeckung bei seinem Lieferanten sollte ihm eine Lehre sein. Damit Konsumenten wirklich guten Gewissens ins Kühlregal heimischer Supermärkte greifen können, müssen sie sich auch darauf verlassen können, dass dort nur Fleisch aus Österreich liegt.
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