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Biobäuerin kritisiert: „Die, die an der Landwirtschaft verdienen, bestimmen die Richtung.“

Eva-Maria Nuart hat den elterlichen Biohof in Kärnten dieses Jahr gemeinsam mit ihrem Mann übernommen. Doch sie kandidiert auch bei den Landwirtschaftskammer-Wahlen am 7. November. Denn sie ist davon überzeugt, dass sich was ändern muss.

11/3/2021
  • Landwirtschaft
  • Österreich
Biobäuerin kritisiert: „Die, die an der Landwirtschaft verdienen, bestimmen die Richtung.“

Schon während des erfolgreichen Tierschutzvolksbegehrens waren wir am 4-Generationen-Hof der Familie Nuart in Kärnten zu Besuch und konnten die vorbildliche Landwirtschaft in Mittertrixen hautnah bewundern. Nun haben wir erneut mit Eva-Maria Nuart gesprochen, der ältesten Tochter der Familie. Sie kandidiert bei den diesjährigen Landwirtschaftskammer-Wahlen, die in Kärnten am 7. November 2021 stattfinden.

Die Mutter von drei kleinen Kindern hat den Hof mit ihrem Mann von ihren Eltern übernommen und führt ihn partnerschaftlich: „Wir besitzen das zu gleichen Teilen, so wie das schon meine Eltern gemacht haben.“ Der Regelfall ist das nicht, für gewöhnlich gehört alles dem Mann. Doch bei der Familie Nuart wird auf Ausgeglichenheit geachtet. Ihr Mann war früher in einer Bank beschäftigt, er ist jetzt voll in den Betrieb eingestiegen.

Der Hof umfasst 9 Hektar Land, dort werden jedes Jahr 150 Lämmer und 35 Schweine großgezogen. Die artgerechte Tierhaltung mit viel Platz, hochwertiges Heu und Biogetreide als Futtergrundlage sind selbstverständlich. Die Tiere haben ein gutes Leben, vom Anfang bis zum Ende – mit einem sehr kurzen Schlachtweg. Die Schweine sind auf der Weide und werden mit der Molke gefüttert, die in der Käserei anfällt. Es wird in Kreisläufen gedacht, nichts wird verschwendet.

nullwww.nuart.at
Eva-Maria Nuart mit Mann und Kindern
Die Nachfrage ist nicht das Problem

In der bäuerlichen Hofkäserei wird Schafmilch zu Käse und Joghurt verarbeitet, die Produkte kann man direkt im Hofladen kaufen oder in der Gastronomie sowie bei ausgewählten Geschäften erwerben. Eine Besonderheit ist, dass die dafür verwendete Milch nicht pasteurisiert wird. „Ernährungsphysiologisch ist der Rohmilchkäse wertvoll“, sagt Eva-Maria Nuart. Vielleicht ist das mit ein Grund für die hohe Nachfrage.

In der Pandemie ist diese nochmal gestiegen, doch schon zuvor waren sie immer ausverkauft, berichtet sie: „Die Nachfrage ist nicht das Problem. In letzter Zeit mussten wir neuen Interessenten sogar absagen, weil wir nicht mehr liefern können. Wir haben schon vor Jahren beschlossen, dass wir nicht größer werden möchten. Ich glaube es tut der Erde einfach gut, wenn wir nicht weiterwachsen – genug für ein gutes Leben haben wir in dieser Größe. Genug Arbeit auch!“

Die Nachfrage sei insbesondere dort hoch, wo die Konsument*innen die Sicherheit hätten, dass die Lebensmittel von einem kleinbäuerlichen Betrieb stammen, bei dem sie die Produzent*innen auch kennen und eine Beziehung zu ihnen aufbauen können. „Es gibt eine Sehnsucht der Menschen die Landwirtschaft besser zu verstehen und auch zu unterstützen“, ist Nuart überzeugt. Das dürfte das Erfolgsgeheimnis der Bäuerin sein.
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Zufriedene Lämmer am Hof der Nuarts
Eine Beziehung, die von Wertschätzung geprägt ist

Denn die Nuarts sind weit über die Grenzen Kärntens hinaus bekannt und auch in der Spitzengastronomie heiß begehrt. Rund 40 Prozent ihrer Erzeugnisse werden in Hotellerie und Gastronomie abgesetzt: „Die Gastronomie ist für uns schon lange von großer Bedeutung. Kreative und innovative Köch*innen sind unsere Multiplikatoren. Sie kochen mit unseren Produkten und erzählen die Geschichte dahinter. Mit dem ‚Steirereck‘ der Familie Reitbauer oder der „Forelle“ am Weissensee der Familie Müller verbinden uns seit vielen Jahren eine von wechselseitiger Wertschätzung geprägte Zusammenarbeit.“ so Eva-Maria Nuart.

Sie freut sich, wenn sie weiß, dass ihre Lebensmittel im ganzen Land genossen werden, doch am liebsten ist ihr immer noch der persönliche Verkauf am Hof. Oft wird von einer Produzenten-Konsumenten-Beziehung „auf Augenhöhe“ gesprochen, hier wird das auch tatsächlich gelebt: „Ich will den direkten Kontakt zu den Kunden, niemanden zwischengeschaltet. Mir ist der persönliche Austausch extrem wichtig.“

Eva-Maria Nuart ist sich bewusst, dass sie in einer privilegierten Lage ist. Sie kann mit ihrem Mann auf dem Fundament aufbauen, das ihre Eltern errichtet haben: „Wenn meine Eltern nicht schon so viel Pionierarbeit geleistet hätten, wüsste ich nicht, ob ich das heute machen würde.“ Ihr Anspruch ist ein hoher, denn sie produziert nur das, was ihr selber auch schmecke und wovon sie selbst überzeugt sei. Sonst würde sie es lieber bleiben lassen.
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Die Weideschweine der Nuarts sind die perfekte Ergänzung im Kreislauf des Hofes
Niemand muss bei Null anfangen

Doch sie zeigt sich überzeugt, dass auch andere Höfe ein ähnliches Modell leben könnten. Und sie ist bereit sich auch dafür einzusetzen, dass andere diese Möglichkeit erhalten. Einerseits durch die Weitergabe von Erfahrung und Wissen: „Ich kann anbieten, dass ich alles weitergebe, was ich schon weiß. Niemand muss bei null anfangen.“ Der Nuart-Hof hat sich über 30 Jahre entwickelt, momentan gibt es ein neues Interessensgebiet, mit dem sich ihr Mann Daniel beschäftigt.

Die regenerative Landwirtschaft hat, und davon sind beide überzeugt, ein riesengroßes Potential, die großen Fragen der Klimaproblematik zu lösen. Wie man ohne Pflug arbeiten kann und Humus aufbaut, das Bodenleben stärkt und die Wasserspeicherfähigkeiten erhöht – das sind gerade die Frühstücksthemen bei den Nuarts. Aber auch da muss man nicht bei Null anfangen, denn es gibt auch in Österreich schon großartige Pioniere, die sich seit mehr als 20 Jahren damit auseinandersetzen.

Wir wissen, dass wir nicht die Welt retten können, aber wir wollen aufzeigen, dass es anders geht. Und hoffen, dass andere vielleicht auch umdenken“. Das ist mit ein Grund dafür, dass sie sich entschieden hat bei den Landwirtschaftskammer-Wahlen am 7. November zu kandidieren.

Warum? „Es braucht in der Landwirtschaftspolitik einen echten Wandel. Es braucht auch Änderungen bei den Förderungen. Politische Rahmenbedingungen könnten so viel ändern, nicht zuletzt Corona hat gezeigt, dass wenn der Wille vorhanden ist, man sofort Maßnahmen setzen und Dinge beschließen kann, die etwas verändern. Wieso nicht in diesem Bereich? Nicht immer nur reden, Dinge umsetzen!“ sprudelt es aus ihr nur so heraus.
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Die Nuarts: Käsemacherinnen wie aus dem Bilderbuch
Mehr Unterstützung im Interesse des Gemeinwohls

Man merkt, dass sie sich Sorgen macht um die Landwirtschaft. Viele ihrer Standeskollegen kämpfen ums Überleben und das sei auch einer verfehlten Politik geschuldet, so Nuart: „Wenn meine Eltern auf das gehört hätten, was ihnen vor 30 Jahren alles empfohlen worden ist, dann würde es den Hof in der Form nicht mehr geben.“ Die aktuelle Markt-Dynamik und die Strukturen in der Landwirtschaft fasst sie prägnant zusammen: „Die, die an der Landwirtschaft verdienen, bestimmen die Richtung“.

Die Zukunft der heimischen Landwirte könne nicht im Wachstum liegen, ist Eva-Maria Nuart überzeugt. Sie muss vielfältiger werden, es brauche viele kleine Betriebe, die sich auf etwas spezialisieren, die auch teilweise am Hof veredeln. Auch an Nachwuchs würde es nicht per se mangeln: „Es gibt so viele junge motivierte Menschen, die gerne in der Landwirtschaft was machen würden, die haben es so schwer einen Hof oder Land zu bekommen. Die Preise steigen immer weiter, es ist fast unmöglich in die Landwirtschaft einzusteigen.“ 

Hier bräuchte es auch mehr Unterstützung durch den Staat, er sollte mehr beim Einstieg unterstützen. Auch im Interesse des Gemeinwohls. Denn der Gedanke der Ernährungssouveränität wird immer wichtiger und insbesondere die regenerative Landwirtschaft könnte einen maßgeblichen Beitrag dazu leisten, dass die Klimakrise noch abgeschwächt wird. Und noch ein Thema ist ihr besonders wichtig: Frauen in der Landwirtschaft. Diese müssten noch viel sichtbarer werden.
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Frauen in der Landwirtschaft - Die Frauen der Familie Nuart
Sie erwartet sich nicht, dass sie wirklich am 7. November in die Standesvertretung der Landwirte in Kärnten gewählt wird. Aber sie findet es unabhängig davon trotzdem schön, wenn Menschen sich vernetzen und gemeinsam an einer Veränderung arbeiten. Das war auch der primäre Grund, wieso sie sich nach langem Zögern doch entschieden hat sich bei den Grünen Bäuerinnen und Bauern zu engagieren und nun auch zu kandidieren. Immerhin geht’s nicht nur ums Überleben der Landwirtschaft, sondern um die Zukunft von uns allen.



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