Was sich in den letzten Stunden in Österreich aufgeschaukelt hat, ist ein seltenes Schauspiel: Massive Kritik wird gleichlautend von der Politik, den Landwirt*innen und den Konsument*innen an den Handelskonzernen geübt. Auslöser war die Vorabmeldung über das am Sonntag erscheinende Interview von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger im Magazin „Profil“. Darin wird Köstinger damit zitiert, dass sie über „erpresserische Zustände“ gegenüber Produzenten klage.
Im „Kurier“ wurde kurze Zeit später nachgelegt, die Konsumenten würden „getäuscht“, die Ministerin fordere „Solidarität der Konsumentinnen und Konsumenten auch beim Regal“. Das ließ sich die Bürgerinitiative oekoreich, die über 416.000 Konsument*innen vertritt, nicht zweimal sagen und lies die Ministerin wissen, dass Solidarität keine Einbahn sei: „Die Ministerin fordert Solidarität ein, agiert aber selbst nicht solidarisch mit uns Konsument*innen. Vielleicht sollte sich die Ministerin nun neue Verbündete suchen. Offenbar sind die Handelskonzerne, die von ihr seit Jahren so hofiert werden, doch nicht die besten Ansprechpersonen, wenn es darum geht die Zukunft der heimischen Landwirte abzusichern. Unser Angebot steht: Wir stehen Seite an Seite mit unseren Bäuer*innen im Kampf gegen die Billigimporte und Verramschung durch den Handel“
Heftige Kritik durch die Landwirtschaft
Auch die Spitzen der heimischen Landwirtschaftspolitik, Landwirtschaftskammer und Bauernbund, äußerten sich laut APA in einer ungewohnt offenen Weise massiv kritisch gegenüber den Handelskonzernen: "Die Handelsriesen haben beängstigend viel Marktmacht“ wird Bauernbund-Präsident Georg Strasser zitiert, der LKO-Präsident ergänze: „Die bäuerlichen Familienbetriebe befinden sich in einem massiven Würgegriff des Handels.“
Von den Vertretungen der Handelskonzerne, das sind einerseits die Wirtschaftskammer und andererseits der Handelsverband, war nur Entrüstung über die Kritik zu vernehmen. Die Aussagen der Ministerin seien ein Versuch „politisch zu punkten“, die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Lebensmittelhandel würde gut funktionieren. Das sehen offenbar sowohl die Bäuer*innen als auch die Konsument*innen anders. Die Bürgerinitiative oekoreich hat jedenfalls erneut den Schulterschluss angeboten:
Schulterschluss erneut angeboten
„Solange die Spitzen der organisierten Landwirtschaft nicht die Konsument*innen bei der Weiterentwicklung einbeziehen, solange sind diese Appelle leider reine PR-Politik. Wer wirklich die Solidarität von uns Konsument*innen will, der setzt sich mit uns an einen Tisch und beendet die staubigen Hinterzimmer-Deals. Die Bäuer*innen haben sich verdient, dass ihre Vertreter*innen nun endlich unser Angebot für eine Allianz annehmen.“
Insbesondere durch die Umsetzung einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung von verarbeiteten Produkten im Supermarkt genauso wie in der Gastronomie würde die Regierung dazu beitragen, dass die Konsument*innen sich auch solidarisch mit den Bäuer*innen zeigen können, so oekoreich. Die Umsetzung der angekündigten Transparenzpflicht harrt immer noch ihrer Umsetzung.
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