Bio ist gut, aber oftmals extrem teuer – das ist wohl die gängige Meinung unter Konsumentinnen und Konsumenten. Und viele Menschen fühlen sich von diesen höheren Preisen abgeschreckt, insbesondere wenn die Bio-Produkte importiert sind, auch wenn sie wissen, dass mit biologischer Erzeugung mehr Naturschutz und Tierwohl verbunden sind. Doch warum sind die Bio-Lebensmittel so viel teurer als konventionell erzeugte? Und stimmt das überhaupt? oekoreich hat die Probe aufs Exempel gemacht und nach Gründen gesucht.
Wir beginnen bei Tomaten. In einem gewöhnlichen Supermarkt in Österreich bekommt man das Kilogramm bereits um 1,50 Euro. Die stammen aus österreichischer Erzeugung, zumindest steht das auf der Packung. Es handelt sich dabei um das Eigenmarken-Produkt des Handelskonzerns. Direkt daneben liegt das Kilo Tomaten um rund 3 Euro, es stammt aus garantiert österreichischer Erzeugung eines Markenprogramms. Und ein Regal weiter dann die Bio-Ware, sie wird aus Italien importiert und kostet stolze 5,50 Euro pro Kilo.
Astronomische Aufschläge: Keine Einzelfälle
Ein Einzelfall? Keineswegs. Ein paar Gänge weiter warten die Eier auf uns. In Österreich findet man im Lebensmittelhandel keine Käfigeier mehr, zumindest nicht als Frischware, sondern nur noch verarbeitet in Nudeln, Teig & Co. Die Eigenmarken-Eier aus österreichischer Bodenhaltung kommen auf 17 Cent pro Stück, Freiland-Eier bekommt man um 35 Cent. Und die Bio-Eier aus Österreich kosten stolze 57 Cent pro Stück. Alles im gleichen Supermarkt, jeweils wenige Zentimeter voneinander entfernt.
Was kostet da eigentlich so viel mehr?
Auch die Kartoffeln bieten Aufschläge von bis zu 300 Prozent – die „Speckigen“ kommen bei der Eigenmarke auf 50 Cent pro Kilo, aber kosten gleich 2 Euro aus biologischer Erzeugung. Beim Käse ist das ähnlich, 100 Gramm Gouda kommen auf rund 60 Cent, die gleiche Menge an Bio-Gouda kostet aber mehr als das Doppelte. Und auch in Deutschland ist das nicht anders: Bei Hähnchen-Schenkel beträgt der Bio-Aufschlag satte 219 Prozent. Wir sehen also: Bio ist tatsächlich viel, viel teurer.
Echte Mehrkosten für Produktion: 10 Prozent
Doch was kostet da eigentlich so viel mehr? Ist es die Produktion? Bekommt der Landwirt mehr? Die große Unternehmensberatung Kearney hat sich das näher angesehen und fördert in der Studie mit dem klingenden Titel „Warum die heutige Preisgestaltung die Nachhaltigkeit sabotiert“ geradezu erstaunliche Erkenntnisse zutage. Im Schnitt würden die Mehrkosten demnach in der ökologischen Produktion schmale 10 Prozent betragen. Das wäre der echte Aufschlag, der für die Bio-Erzeugung zu berappen wäre.
Die Konsumenten sind sehr wohl bereit, mehr zu zahlen
Dann kommen allerdings noch die Zertifizierungskosten dazu, außerdem die Kosten bei den Markeninhabern und für ihre Margen. Und dann ist da natürlich noch der Lebensmittelhandel, der den größten Teil des Aufschlag-Kuchens für sich behält. Die Bio-Lebensmittel sind also in der Erzeugung überhaupt nicht so viel teurer, wie sie im Geschäft dann verkauft werden. Es sind nicht die Bio-Landwirte, die so gut an den nachhaltigen Produkten verdienen, sondern am Ende mal wieder die Konzerne.
Bei Bio gilt: Angebot bestimmt Nachfrage
Umso erstaunlicher sind daher die Aussagen mancher Politikerinnen & Politiker sowie von Greenwashing-Vereinen, die beklagen, dass die Konsumenten einfach nicht bereit wären mehr zu zahlen. Das stimmt aber gar nicht. Denn wie die Studie ebenfalls zeigt, wären die Menschen durchaus bereit ihren Beitrag zu einer ökologischen Erzeugung von Lebensmittel zu leisten – aber eben in einem Ausmaß, der den wahren Mehrkosten entspricht. Etwa 10 Prozent wäre die Toleranzschwelle bei den Konsumenten, haben die Unternehmensberater von Kearney erhoben.
Was bedeutet das nun? Wenn der Handel die wahren Erzeugungskosten abbilden und sich mit der gleichen Marge wie bei konventionellen Erzeugnissen begnügen würde, dann könnten die Bio-Produkte wohl um 10, 15 oder maximal 20 Prozent an Mehrkosten im Supermarkt angeboten werden. Wie viel höher wäre die Nachfrage dann? Es ist an der Politik dafür zu sorgen, dass das passiert – denn von selbst werden die Profiteure des aktuellen intransparenten Aufschlagsystems, die Konzerne also, es mit Sicherheit nicht machen.
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