Die Debatte ist nicht neu, doch sie gewinnt aktuell kräftig an Fahrt: Sonder-Steuern auf Qualfleisch sollen dafür sorgen, dass die Transformation der Landwirtschaft schneller voranschreitet. Damit sollen etwa Vollspaltenböden, Kälberexporte, Kükentöten oder importiertes Gensoja als Kraftfutter der Vergangenheit angehören. Denn all das hängt letztlich an der fehlenden Finanzierung. Eine Frage des Geldes also.
Druck wird größer
Die Ergebnisse der deutschen „Borchert-Kommission“, die nach einjähriger Arbeit nicht nur eine extrem fundierte Fakten-Darstellung, sondern auch einen ambitionierten Umbauplan für die Landwirtschaft präsentiert hat, erhöht den Druck auf die Politik zu handeln. Im Vorfeld der deutschen Bundestagswahl Ende September erhöht sich damit die Taktzahl in der Debatte um die Zukunft der deutschen Landwirtschaft.
Mit weitreichenden Auswirkungen auch auf Österreich, denn wenn die Deutschen ihre Standards deutlich anheben, dann gerät die heimische Landwirtschaft unter Druck – vor allem dort, wo sie hinterherhinkt. Das ist insbesondere bei Schweinen der Fall, wo der gesetzliche Mindeststandard, der aktuell auch im AMA-„Gütesiegel“ abgebildet ist, in Wahrheit nicht mit dem Tierschutzanspruch einer fortschrittlichen Nation vereinbar ist.
Kommt die Sondersteuer?
Professor Achim Spiller, der führende Agrarökonom Deutschlands und Leiter des wissenschaftlichen Beirats des Bundesagrarministeriums, hat nun in einem Interview mit dem Tagesspiegel über seine Vorstellungen für die Zukunft gesprochen. Und damit ein Stück weit die Marschroute skizziert, wie wir sie in den nächsten Jahren wohl erleben werden. Ein Kernpunkt der Reformen dürfte eine Sondersteuer oder Abgabe auf Fleisch sein.
Eine Studie hat berechnet, dass – vereinfacht gesprochen – pro Portion Schnitzel rund 9 Cent an Aufschlag nötig wären, bei einem Liter Milch wären es zwei Cent. Eine Semmel gefüllt mit Käse und Wurst würde somit um 5 bis 6 Cent teurer werden. Mit diesem Mehraufwand könnten die notwendigen Umbauten in der Landwirtschaft, die schätzungsweise bis zu 4 Milliarden Euro pro Jahr benötigen, vollends finanziert werden.
Wie wird das finanziert?
Noch ist allerdings offen, ob die Finanzierung über eine allgemeine Anhebung der derzeit stark reduzierten Umsatzsteuer auf Lebensmittel finanziert werden soll, oder ob auf gewisse Produkte ein Aufschlag erfolgen soll. Es gibt auch Stimmen die meinen, dass man insbesondere Fleisch aus den niedrigsten Haltungsformen besteuern soll, um einen entsprechenden Lenkungseffekt zu entfalten. Am Ende entscheidet die Politik.
Wichtig bei der Diskussion ist auch die Frage, wie man sicherstellt, dass nicht die Ärmsten unter den Maßnahmen leiden. Denn wenn Fleisch zum Luxusgut wird, dann wird vor allem auch die Ungleichheit angeheizt. Daher gibt es Vorschläge, dass Teuerungen über Sozialtransfers ausgeglichen werden könnten. Letztlich geht es um eine ökologisch wie sozial verträgliche Reform für alle Beteiligten – die Umsetzung lässt auf sich warten.
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