Mit zehn Prozent weniger Tierhaltung in der EU könnten ausfallende Weizenimporte aus der Ukraine gut kompensiert werden, rechnet die Umweltorganisation Greenpeace vor. Denn in Europa würde Weizen vornehmend in der Tierhaltung verfüttert, während er in Nordafrika oder Westasien der Ernährung diene. Die EU solle Bauern, die die Anzahl ihrer Nutztiere reduzieren, Prämien ausschütten - ähnlich wie zuletzt 2016 als Landwirte für eine geringere Milchproduktion gestützt wurden.
Denn laut den Umweltschützern sollen heuer rund 18 Millionen Tonnen Weizen aus auf dem Weltmarkt fehlen. 16 Millionen Tonnen könnten laut Greenpeace mit einem Zehntel weniger Tierhaltung eingespart werden.
So würde diese Menge für Menschen verfügbar, denen ansonsten eine Hungersnot drohe, und landeten nicht im Trog, argumentieren die Umweltschützer. Der Anstieg der Brotpreise in Nordafrika und Westasien würde gedämpft. "Daher fordert Greenpeace jetzt von der Europäischen Kommission als Sofortmaßnahme Zahlungen für LandwirtInnen, die bereit sind, ihre Anzahl an Nutztieren entsprechend zu reduzieren, um sicherzustellen, dass der Weizen für Menschen verfügbar wird", heißt es in einer Mitteilung. "Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP, Anm.) muss sich in Brüssel für ein entsprechendes Programm stark machen."
Extrem ineffiziente Verteilung von Ressourcen
Derzeit landen Greenpeace-Angaben zufolge 162 Millionen Tonnen Getreide jährlich in der EU in Futtertrögen. Davon seien gut 38 Millionen Tonnen Weizen. Österreich ist wie berichtet nicht direkt abhängig von Weizenimporten aus der Ukraine.
"Wir steuern gerade auf eine Situation zu, in der europäische Schweine, Rinder und Hühner Unmengen an Getreide fressen, während Menschen in Nordafrika und Westasien hungern müssen. Das ist skandalös und vollkommen untragbar", sagt Greenpeace-Österreich-Landwirtschaftssprecher Sebastian Theissing-Matei. "Da aber etwa ein Schwein rund drei- bis viermal mehr Kalorien in Form von Futtermitteln zu sich nehmen muss, als es am Ende in Form von Fleisch 'produziert', ist die EU-Nutztierhaltung an sich extrem ineffizient." Es sei deutlich effizienter, pflanzliche Lebensmittel direkt für den Mensch anzubauen. Mit der selben Fläche könnten deutlich mehr Menschen ernährt werden.
Um die weltweite Ernährungssicherheit zu gewährleisten, müssten mittelfristig weniger Fleisch produziert und konsumiert werden, so Theissing-Matei. Aber auch in der derzeitigen angespannten Situation könne die geforderte, rasche Reduktion einen enormen Beitrag
leisten. "Die EU muss in dieser Krisensituation jetzt Verantwortung übernehmen. Unser komplett aufgeblähter Nutztiersektor entzieht der Welt Unmengen an wertvollem Getreide", fordert Theissing-Matei. Es sei höchste Zeit, davon etwas "zurück zu geben".
(oekoreich/APA)
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