Über Jahre war der österreichische Möbelhändler XXXLutz in kulinarischen Fragen vor allem für eines bekannt: Große Portionen und niedrigste Preise. Das sorgte zwar für volle Restaurants, aber auch für heftige Kritik – nicht nur aus der Landwirtschaft, sondern auch von Seiten der Konsumenten. Der Bauernbund, die Bürgerinitiative oekoreich und schon ihr Vorgänger, das Tierschutzvolksbegehren, kritisierten das Unternehmen für seine Angebote.
Insbesondere aufgrund der enormen Größe von XXXLutz und der beträchtlichen Mengen, die jährlich in den zahlreichen Restaurants im ganzen Land verkauft werden, würde dem Unternehmen eine besondere Verantwortung zukommen. Eine Kritik, die nun scheinbar Früchte getragen hat. Denn kürzlich hat der nach wie vor in zweiter Generation in Familienhand befindliche Konzern sein gastronomisches Angebot komplett umgebaut.
Selten: Ein Milliardenkonzern steuert um
Nachdem oekoreich die Fehlentwicklungen in Industrie & Handel vor allem deswegen offenlegt und anprangert, um eine Veränderung zu bewirken, freut uns das natürlich ganz besonders. Deswegen haben wir uns entschieden diesen Prozess nun näher zu beleuchten. Wir wollen Motive hinterfragen und die einzelnen Schritte des Wandels dokumentieren. Denn es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Milliardenkonzern derart umsteuert.
Dafür verantwortlich ist das Team der XXXLutz-Gastronomiezentrale in Wels unter der Leitung von Andreas Haderer. Von Wels aus werden die 47 XXXLutz-Restaurants in Österreich und 67 XXXLutz-Restaurants in 8 anderen Ländern verwaltet. Er stammt selbst aus der Gastronomie und hat nun einen wahren Paradigmenwechsel herbeigeführt. Wenn man bedenkt, wo die Lutz-Gastronomie ihre Wurzeln hat, dann kommt das einer Herkules-Aufgabe gleich. Aber eine, die sich lohnt – vor allem für die Tiere, die Natur und die heimische Landwirtschaft. Aber dazu später mehr.
Im Jahr 2022 wollen Menschen wissen, woher ihr Essen stammt
Am Anfang, also vor rund 20 Jahren, als die ersten Restaurants bei Lutz eröffnet wurden, ging es primär darum zusätzliche Frequenz in die Möbelhäuser zu bringen. Die gigantischen Schnitzel wurden teils sogar verschenkt und die bekannten Rabattaktionen bald zum bewährten Mittel, um Menschen in die Hallen zu bringen. Über die Jahre wurde so ein treues Stammpublikum aufgebaut, das sich an großen Mengen zu tiefen Preisen gewöhnte.
Doch die Zeiten ändern sich und auch wenn Menschen nach wie vor gerne günstig essen und große Portionen schätzen, so reicht das vielen nicht mehr. Im Jahr 2022 wollen sie genau wissen woher ihr Essen stammt und sie wollen sicher sein können, dass die Tiere nicht gequält wurden, die als Schnitzel, Burger oder Würstchen am Teller landen. Eine Gewissheit, die in der Gastronomie leider immer noch mehr die Ausnahme denn der Regelfall ist.
Wo es am schwierigsten ist: Schweinefleisch aus Österreich
„Wir wollen ehrlich zu den Menschen sein und wir haben auch nichts zu verstecken. Deswegen haben wir uns entschieden jetzt Schritt für Schritt unser gastronomisches Angebot umzustellen. Meine Vision ist: Alles, was wir aus Österreich bekommen können, soll auch aus Österreich kommen. Und wir beginnen gleich damit dort, wo es für gewöhnlich am schwierigsten ist: Beim Schweinefleisch“ so Gastro-Chef Andreas Haderer.
Die neue XXXLutz-Speisekarte ist auffallend bunt, nicht nur was die Farbgestaltung betrifft, sondern auch hinsichtlich des kulinarischen Angebots. Es gibt Fisch und Salate, vegetarische Speisen und natürlich jede Menge Fleisch. 80 Prozent der angebotenen Speisen stammen vom Schwein, darunter etwa die Würstchen, das berühmte Schnitzel und sogar der Burger. Eine Spezialität, auf die Andreas Haderer ein bisschen stolz ist, wie er anmerkt:
Trotz der gewaltigen Menge: Garantierte Regionalität
„Am Anfang waren wir skeptisch, ob ein Burger aus Schweinefleisch schmecken kann. Doch die Qualität ist überwältigend und der Geschmack spricht für sich selbst. Der Hintergrund ist aber auch ein anderer: Ich empfinde es als eine Frage des Respekts gegenüber den Tieren und den Landwirten, dass wir das ganze Schwein verwerten und nicht nur die Edelteile. Die leider sehr verbreitete Essens-Verschwendung ist für mich eine Sünde“ so Haderer.
Tatsächlich stammt das gesamte Schweinefleisch-Angebot bei XXXLutz jetzt garantiert aus Österreich. Egal was auf der Karte auch vom Schwein angeboten wird, die Konsumenten haben nun die Sicherheit, dass die Tiere aus Österreich stammen und hier geboren, gemästet und geschlachtet wurden. Eine gelebte Regionalität, die nicht viele Gastronomiebetriebe leisten können, schon gar nicht in der Menge und Vielfalt.
Ein möglichst würdevolles Leben für Tiere
Neben der Österreich-Garantie setzt XXXLutz aber zusätzlich auch noch auf Tierwohl und hat dafür eine ganz besondere Partnerschaft gestartet. Der oberösterreichische Betrieb Hütthaler liefert etwa für das Lutz-„Wirtshausschnitzel“, den oben erwähnten Burger oder das Schweinerückensteak seine bekannten „Hofkultur“-Spezialitäten. Und damit einen der höchsten Tierwohl-Standards, den man in Österreich erreichen kann.
In dem „Hofkultur“-Programm haben die Schweine doppelt so viel Platz wie gesetzlich vorgeschrieben, erhalten Stroheinstreu und zusätzlich Auslauf. Sie werden ausschließlich mit gentechnikfreiem Futter gefüttert und werden außerdem in der Region großgezogen. Die Stressfreiheit, die auch bei der Schlachtung im berühmten „gläsernen Schlachthof“ gelebt wird, garantiert ein möglichst würdevolles Leben – vom Anfang bis zum Ende.
Für Andreas Haderer geht die Verantwortung aber noch einen Schritt weiter: „Wir wollen wissen, von welchem Bauern das Fleisch stammt, mit dem wir unsere Gäste in den XXXLutz-Restaurants verköstigen. Deswegen gibt es 5 eigene Lutz-Bauern, von denen wir unsere Schweine erhalten. Wir nehmen sie ihnen zur Gänze ab und garantieren ihnen damit auch den Fortbestand. Egal zu welchem Preis wir das Fleisch dann verkaufen.“
Leistbar muss es für die Gäste trotzdem sein
Das ist ein wichtiger Punkt: Der Preis. Die Zeiten der 2,50-Schnitzel sind endgültig vorbei, soviel ist sicher. Doch günstig will man dennoch bleiben, denn immerhin soll regionale Ware und gute Qualität nicht nur jenen vorbehalten werden, die sich das leisten können. Das legendäre Riesenschnitzel vom heimischen Schwein gibt’s jetzt um 7,50 Euro, das Hofkultur-Schnitzel liegt mit 9,50 Euro nur etwas darüber. Qualität muss auch was wert sein.
„Eines ist sicher: Wir werden in unseren Restaurants auch weiterhin Aktionen haben und Menschen zu besonderen Anlässen mit Rabatten versorgen. Es wird auch immer wieder mal Schnitzel um rund 4,50 Euro geben, dazu stehe ich. Aber ich möchte, dass alle wissen, dass kein einziger Bauer etwas dabei verliert. Wir drücken bei solchen Aktionen nicht im Einkauf, sondern verzichten einfach auf unsere Marge“ so Lutz-Gastrochef Andreas Haderer.
Eine Herausforderung, der man sich offen stellt
80 Prozent des Fleischangebots in den XXXL-Restaurants ist also jetzt garantiert aus Österreich, ein erheblicher Anteil davon sogar in hoher Tierwohl-Qualität. Wie sieht es mit dem Rest aus? Was ist mit dem Geflügel und dem Rindfleisch? Kritische Nachfragen wird sich der Lutz-Gastronom auch weiterhin von oekoreich gefallen lassen müssen, immerhin geht’s hier darum einen Wandel voranzutreiben. Dessen ist sich Haderer auch bewusst:
„Reden wir ganz offen darüber: Wir haben mit dem Schweinefleisch den ersten Schritt gesetzt, aber wir haben noch einen Weg vor uns. Natürlich laufen bereits Gespräche und werden Pläne gewälzt, damit wir eines Tages unser Ziel erreichen, dass wir 100 Prozent Österreich anbieten können. Aber leicht wird das nicht, gerade bei unserer Größe. Doch ich stelle mich dieser Herausforderung und hoffe, dass unser Weg auch andere überzeugt.“
Der Wandel hat begonnen: Wir bleiben dran
XXXLutz wird mit seinem Bekenntnis zu 100 Prozent österreichischem Schweinefleisch und der Perspektive auf eine kontinuierliche Weiterentwicklung tatsächlich zu einem Vorreiter in der Branche. Und hebt damit auch die sogenannte „Möbelhaus-Gastronomie“ auf ein komplett neues Level. Die Umstellung ist eine Entscheidung, die nicht nur für Möbel-Kaufhäuser große Folgen hat, sondern auch darüber hinaus für Bewegung sorgen könnte.
Wer sich die enormen Mengen vor Augen hält, welche die Lutz-Gastronomie alleine in Österreich umsetzt, der versteht, was für ein gewaltiger Hebel-Effekt für Veränderung in dieser Sortimentsumstellung liegt. Wenn Giganten wie XXXLutz sich für Regionalität und Tierwohl entscheiden, dann hat das eine Signalwirkung für die gesamte Branche. Wichtig ist dabei, dass mit offenen Karten gespielt wird. Eine zwingende Voraussetzung für oekoreich.
Wir werden jedenfalls in den kommenden Monaten weiter über den nun begonnenen tiefgreifenden Wandel in der XXXLutz-Gastronomie berichten. Denn wir wollen noch viel mehr wissen: Was genau bedeutet das für die heimischen Landwirte, wenn ein Konzern wie Lutz umstellt? Nicht nur in der Theorie, sondern in der gelebten Praxis? Und was sagen Köche eigentlich zu der neuen Speisekarte von Lutz? Mehr dazu gibt’s in Kürze bei uns.
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