Wer sich mit Olga Voglauer unterhält, der hat nicht den Eindruck, dass hier eine der aktuell einflussreichsten Politikerinnen Österreichs vor einem sitzt. Die 41 Jahre alte Biobäuerin aus Kärnten ist ein Phänomen. Ihre enorme Beliebtheit, weit über die Landwirtschaft hinaus, ergibt sich vor allem aus ihrer besonderen Natürlichkeit und Herzlichkeit. Dabei ist sie eine echte Fachfrau, die nicht nur selbst einen Milchhof bewirtschaftet, sondern auch noch Österreichs Landwirtschaftspolitik maßgeblich mitgestaltet.
Die studierte Agrarökonomin ist die Geheimwaffe der Grünen in den oftmals zähen Verhandlungen mit der ÖVP und sie hat in den letzten zwei Jahren bewiesen, dass sie sich durchsetzen kann. Maßgebliche Fortschritte, etwa das Verbot des Vollspaltenbodens oder das Ende der Anbindehaltung, sind auf ihren Einsatz zurückzuführen. Doch Olga Voglauer ist nicht nur Bundespolitikerin, sie ist vor allem eine, die für ihre Kärntner Heimat brennt. Im Frühjahr 2023, wenn in Kärnten gewählt wird, wird sie die Grüne Liste anführen.
Die Klimakrise auf den Almen wird bislang ausgeblendet
Ihr Herzensthema, das merkt man nach wenigen Augenblicken, sind die Almen. Sie stehen derzeit wegen der Wolfsdebatte im Zentrum öffentlichen Interesses, doch sie sollten auch aus einem ganz anderen Grund näher beleuchtet werden. „Unsere Almen verdursten“ lässt Olga Voglauer aufhorchen, sie meint damit den immer stärker werdenden Wassermangel in lichten Höhen. Wo früher scheinbar unaufhörlich das Wasser friedlich vor sich hinplätscherte und Wanderer wie Tiere erfrischte, bleibt es inzwischen immer öfter still und trocken.
Die Klimakrise zeige sich vor allem auch auf den Almen, so Voglauer: „Wenn es so weitergeht, dann werden wir künftig viele Almen nicht mehr nutzen können“. Ein politisches Thema sei das noch nicht: „Niemand hat sich bislang angesehen, wie sich die Almen im Klimawandel entwickeln werden. Dabei hängen viele Existenzen dran“ so Voglauer. Das Land Kärnten sei in der Frage säumig, dabei kommt dem Lebens- und Kulturraum Alm eine große Wichtigkeit zu. Für die Landwirtschaft, aber auch für den Tourismus und die Artenvielfalt.
Die Kärntner Landespolitik hat versagt
Die Frage des Umgangs mit dem Wolf sei da nur ein Teilaspekt, der zwar seine Berechtigung habe, aber eben nur ein Bestandteil eines großen Ganzen sei. Denn wenn keine Grundsatzdiskussion darüber geführt würde, wie man die Bäuerinnen und Bauern beim Erhalt der Almwirtschaft unterstützen könne, dann würde sich das Thema von selbst erledigen. „Dann kann der Wolf auf den Almen irgendwann alleine und gänzlich ungestört umherziehen, weil alle anderen dort ohnehin nicht mehr leben oder arbeiten können.“
Kein Szenario, dass Voglauer für erstrebenswert hält. Die Biobäuerin ist zwar eine erklärte Wolfsfreundin, doch in der aufgeheizten Debatte positioniert sie sich in der Mitte. Ihr sind auch die Ansichten der Bauern wichtig, ihr Fokus sei daher eine Lösung, mit der beide Seiten zufrieden seien. „Wir müssen lernen mit dem Wolf zu leben, am besten mit einem effektiven Herdenschutz. Eine Verordnung wird das Problem jedenfalls nicht lösen“ so Voglauer. Die Landespolitik habe in der Frage versagt, sie verstehe die Unsicherheit der Bauern.
Der „österreichische Herdenschutzhund“ kommt
Die Anzahl der Risse habe zuletzt stark zugenommen, die Debatte sei jetzt in Kärnten angekommen. Für den Umgang mit dem Wolf sei primär das Land zuständig, im Gegensatz zum Land Tirol sei man aber in Kärnten noch einige Schritte hintennach. „Wir brauchen eine Kommission wie in Tirol und wir müssen von den Erfahrungen anderer Länder lernen. Ich denke die Schweiz könnte hier ein gutes Vorbild sein, dort hat man mit Herdenschutzhunden und Hirten vieles in den Griff kriegen können. Die Almen müssen unbedingt erhalten bleiben.“
Auf Bundesebene, wo sie politisch derzeit als stellvertretende Klubobfrau der Grünen großen Einfluss hat, arbeite man derzeit an der 2. Tierhalteverordnung. Dort soll künftig definiert werden, was ein „Herdenschutzhund“ überhaupt sei. Und dann solle man einen „österreichischen Herdenschutzhund“ züchten, ausbilden und zertifizieren, so Voglauer: „Die österreichische Landwirtschaft hat bereits bewiesen, dass sie das Knowhow hat, für robuste Tiere zu sorgen – warum soll das nicht auch beim Herdenschutzhund funktionieren?“
Voglauer: Brauchen Fonds zur Rettung der Almen
Man müsse sich aber von der Vorstellung verabschieden, dass die Landwirte das Problem Wolf oder gar die Klimakrise auf den Almen alleine lösen könnten. „Die Bauern werden alleine gelassen. Ich bin der Meinung, dass sich die organisierte Landwirtschaft in Kärnten mit dem Tourismus, dem Naturschutz und allen anderen relevanten Akteuren an einen Tisch setzen sollte. Es muss jetzt eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden, die sich der Gesamtfrage annimmt und für Lösungen sorgt“ appelliert Voglauer an die Kärntner Regierung.
Wäre sie in der Verantwortung in Kärnten, sie würde gleich mehrere Dinge auf den Weg bringen. Einerseits würde sie einen Fonds zur Rettung der Almen ins Leben rufen, dotiert aus Mitteln der Landwirtschaft, des Naturschutzes und des Tourismus. Mit diesem Geld könnten konkrete Maßnahmen finanziert werden, die sowohl die Almwirtschaft als auch den Freizeitraum in Zeiten des Klimawandels absichern. Pilotprojekte würden zeigen, dass das möglich sei, es wäre alles nur eine Frage des politischen Willens und der entsprechenden Förderung.
Konkrete Lösungen in der Wolfsfrage liegen am Tisch
Andererseits würde sie sich aktiv der Wolfsfrage widmen, aber mit Hausverstand und weniger Emotionen. Der Herdenschutz steht im Zentrum ihrer Überlegungen: „Der Herdenschutz ist ja nicht da, um den Wolf zu schützen, sondern unsere Herden.“ Klar ist für sie aber auch, dass es nur Miteinander vorwärts gehen kann. Für das Ausspielen von Naturschutz gegen Landwirtschaft ist sie nicht zu haben, beides brauche einander, gerade in Kärnten, so Voglauer. Das werde sie auch in den Fokus ihrer Arbeit stellen.
Das ausgleichende Wesen von Olga Voglauer konnte man kürzlich auch bei einer Diskussion zum Thema Wolf auf oe24.tv erleben. Da wirkte sie zwischen dem Tierrechtler Martin Balluch vom Verein gegen Tierfabriken und dem Wolfsbeauftragten der Landwirtschaftskammer Österreich, Daniel Heindl, geradezu vermittelnd. Sie verstehe die Sorgen der Bauern, die jetzt ihre Schafe an Wölfe verlieren. Das müsse man ernstnehmen. Gleichzeitig gelte es zu akzeptieren, dass der Wolf jetzt hier sei. Lösungen wären aber in Sicht.
Es brauche den zertifizierten österreichischen Herdenschutzhund, eine darauf aufbauende gestärkte Hirtenausbildung und wo möglich auch Zäune und Nachtpferchen auf den Almen. Mit diesen Maßnahmen, so Voglauer, könne man die Anzahl der Risse drastisch senken und die Bewirtschaftung der Almen absichern. Der Großteil der Aktivitäten müsse auf Landesebene gesetzt werden, doch wo sie von der Bundesebene schon jetzt einwirken könne, werde sie das machen. Und ab Mitte März, nach den Wahlen, wird sie vielleicht direkt in Kärnten für den Erhalt der Almen kämpfen.
In eigener Sache: Wir arbeiten unabhängig von Parteien und Konzernen. Um unseren Fortbestand zu sichern, sind wir auf Abonnent*innen angewiesen. Bitte schließen Sie jetzt ein Abo ab und ermöglichen Sie damit unsere Berichterstattung. Danke!