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Bergbauer gibt Einblick: „Der Wolf treibt die Tiere zurück in die Stallhaltung“

Viel wird derzeit über den Schutz oder Abschuss von Wölfen gesprochen - nun meldet sich ein Bergbauer aus der Weststeiermark zu Wort und gibt seltene Einblicke.

8/28/2022
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  • Artenvielfalt
Bergbauer gibt Einblick: „Der Wolf treibt die Tiere zurück in die Stallhaltung“

Der Bauernhof Priegl der Familie Kiegerl liegt auf fast 1.000 Metern Höhe im Westen der Steiermark und ist damit einer der typischen österreichischen Bergbauernhöfe, wie sie so viele Menschen im In- und Ausland lieben. Der Hof besteht aber nicht nur aus dem Gebäude-Ensemble, wo man wunderbar einen Urlaub verbringen kann, sondern auch aus den 36 Hektar Grünland und 24 Hektar Wald. Und dann gibt es da noch den Anteil an der Almfläche im Ausmaß von 15 Hektar, der ganz besonders wichtig ist.

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Die Familie Kiegerl - gemeinsam bewirtschaftet man den Bio-Bergbauernhof Priegl in der Weststeiermark
Auf diesen Flächen findet die Familie alles, was sie braucht, um ihren Bio-Betrieb und die vielen Tiere darin zu versorgen. Im Vordergrund stehen natürlich die Kühe, aber es gibt auch Pferde und Gänse und Katzen und Hühner am Hof, sie bilden geradezu eine perfekte tierische Gemeinschaft. Den Tieren geht’s gut, die Kälber können bei ihren Müttern aufwachsen und gemeinsam eine schöne Zeit auf der Alm verbringen, es wird ausschließlich heimisches und natürliches Futter gegeben.
nullAlois Kiegerl
Die Tiere sollen so viel Zeit wie möglich draußen verbringen - das ist das Credo der Familie
Ein Tier stört das Bauernhof-Idyll

Am Hof lebt auch eine ehemals vom Aussterben bedrohte steirische Haustierrasse mit herausragender Fleischqualität, die Schlachtung am Hof erfolgt dabei absolut stressfrei. Alois Kiegerl ist hierzu auch Teil einer vielbeachteten Initiative für stressfreie Hofschlachtung, die tatsächlich vorbildlich ist. Doch das Idyll am Bergbauernhof wird seit geraumer Zeit von einem ganz anderen Tier gestört - dem Wolf. Streng unter Artenschutz stehend wird der Wolf immer mehr zum Problem.
nullAlois Kiegerl
Das Werk des Wolfes: Die Tiere werden von ihm regelrecht zerfetzt
In der Bauernschaft macht man sich bereits seit längerem Gedanken dazu, doch in der Mitte der Gesellschaft ist das Thema erst jetzt aufgeschlagen. Seit in Tirol wieder heftig darüber debattiert wird, ob der Wolf nun abgeschossen werden darf, soll oder muss, wirkt die Nation geradezu gespalten. Wir haben Alois Kiegerl daher um ein Interview gebeten, um die Sichtweise eines Bergbauerns einzuholen. Denn diese fehlt sehr oft in der medialen Betrachtung.
 
oekoreich: Wo liegt Ihr Hof, was für eine Landwirtschaft betreiben Sie?

Unser Hof liegt in der Weststeiermark auf 970 m Seehöhe und ist aus diesem Grund ein reiner Grünlandbetrieb. Andere Kulturen gedeihen hier nicht oder nur schlecht und wir sind auf den Wiederkäuer angewiesen, um unser Gras in Lebensmittel zu veredeln. Nicht ohne Stolz können wir der Meinung sein, dass die auf diese Art gewonnenen Lebensmittel zu den gesündesten, nachhaltigsten und auch klimafreundlichsten zählen und obendrein besonders gut schmecken. Seit 1991 wirtschaften wir biologisch und Weidehaltung für unsere 70 Rinder und 20 Schafe sind für uns selbstverständlich.

oekoreich: Das Thema Wolf regt derzeit auf: Wie ist Ihre Sichtweise dazu?

Wir sind zwangsläufig mit dem Thema schon seit einigen Jahren befasst, da die Bauern auf unserer Alm schon 2017 die ersten Wolfsrisse erleiden mussten. Ich bin auch Obmann unserer Weidegemeinschaft, die mit 40 anderen Bauern über 500 Rinder auf die Hochalm auf 1700 m auftreiben. Damals traf uns das aus heiterem Himmel und war ein tiefer Schlag in die Magengrube. Die sehr delikaten Bilder dazu kann ich auf Wunsch jederzeit nachliefern.

Für uns war es ein tiefes Gefühl der Machtlosigkeit, da wir unsere Alm aufgrund der Größe, des unwegsamen Geländes, der vielen Wanderer und des Umstandes, dass sie sich nicht in unserem Eigentum befindet, nicht einzäunen können und auch andere Maßnahmen für uns nicht in Frage kommen. Nach weiteren Rissen im Jahr 2018 war seither Gott sei Dank wieder Ruhe, aber das Damoklesschwert hängt seither über uns. Schon alleine, weil aus dem benachbarten Slowenien jederzeit Wölfe nachkommen können.

oekoreich: Verstehen Sie Menschen, die den Schutz des Wolfes ausbauen möchten?

Ich kann diese Menschen nur sehr schwer bis gar nicht verstehen und ich glaube, dass sich diese Menschen keine oder zu wenige Gedanken über die Auswirkungen ihrer Forderungen machen. Oftmals sind es genau dieselben Menschen die eine kleinstrukturierte Landwirtschaft, Weidehaltung und Auslauf für die Tiere fordern. Der Wolf aber treibt die Tiere zurück in die Stallhaltung und wird vor allem kleinere Betriebe zur Aufgabe zwingen. 

Und das nicht deshalb, weil die Bauern – wie Herr Balluch sagt – zu faul für den Herdenschutz sind, sondern weil sie neben der Doppelbelastung des Nebenerwerbes (dem der überwiegende Teil der Bauern inzwischen nachgehen müssen) und des geringen Einkommens aus der Landwirtschaft eine weitere Bürde nicht aushalten werden und aushalten wollen. Nebenbei radikalisiert das Thema beide Lager mehr, als in der derzeit ohnehin labilen Lage gut ist.

oekoreich: Wie könnte aus Ihrer Sicht eine Lösung der gegenwärtigen Problematik aussehen?

Es müsste den Menschen dringend klar gemacht werden, was sie mit ihrer Forderung nach der Wiederansiedelung des Wolfes für die Bauern, die Ernährungssouveränität Österreichs und auch für die Sicherheit der Bürger (es beginnen sich auch schon Wolfsangriffe auf Menschen abzuzeichnen) anrichten. Als ersten Schritt müsste es aber zumindest dem Bauern gestattet werden, dass er seine Tiere im erforderlichen Fall auch mit der Waffe schützen darf (letal vergrämen).

Nach der derzeitigen Rechtslage dürfte der Bauer den Wolf nicht einmal dabei stören, wenn er die Tiere reißt! In der Folge bräuchten wir unbedingt Weidezonen die wolfsfrei gehalten werden können, wofür aber – glaube ich – EU-Recht geändert werden müsste. Es sollen künftige auch Bauern belangt werden, wenn sie ihre Herde nicht „wolfsdicht“ eingezäunt, oder sie keinen Herdenschutz haben. Wenn das kommt, werden definitiv viele Betrieb das Handtuch werfen!

oekoreich: Haben Sie Einblick in die Erfahrungen aus anderen Ländern?

Ich war im Juli bei der internationalen Almwirtschaftstagung in der Schweiz im Kanton Wallis. Dort ist es bereits so, dass die kleinen Betriebe die Schafhaltung in den letzten Jahren aufgegeben haben. Die Almbeweidung erfolgt dort durch große Schafherden mit Schäfern aus Deutschland und vielen Herdenschutzhunden, von denen jeder die Klimabilanz eines Kleinwagens hat.

Risse gibt es trotzdem… Inzwischen gibt es dort aber auch bereits einen behördlichen Abschussplan. Eine Almwirtschaft wie wir sie hier in Österreich haben, mit kleinen Strukturen und Alpprodukten, gibt es überhaupt in ganz wenigen Ländern.

oekoreich: Danke für das Gespräch!


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