Wasserkraftwerke im Schwall-Sunk-Betrieb starten bei hohem Bedarf und hohen Preisen die Stromproduktion und lassen dabei große Mengen Wasser aus Stauseen bzw. Speichern ab. Das schnelle, starke Steigen und Sinken des Wasserspiegels in Flüssen wirke sich katastrophal auf Wasserlebewesen aus, kritisieren Naturschützer und präsentierten eine Studie, wonach der aktuelle Betrieb der Speicherkraftwerke "mit der massenhaften Tötung von Fischen" gegen das Tierschutzgesetz verstoße.
Der WWF stellte die Studie gemeinsam mit Ökobüro und Fischereiverband Tirol in Wien vor. Die drastischen Schwankungen des Wasserspiegels würden "den Tod von bis zu 200 Millionen Jungfischen und Fischlarven pro Jahr" verursachen, sagte WWF-Gewässerschutzexpertin Bettina Urbanek. Als Sofortmaßnahme wurde eine Schonzeit für Jungfische gefordert. Die Wasserkraftbranche müsse handeln. "Die Betreiber setzen sich sonst der Gefahr aus, laufend und fahrlässig gegen das Tierschutzgesetz zu verstoßen."
"Das fahrlässige Töten von Fischen in schwallbelasteten Flüssen" sei "ein Verstoß gegen das Tötungsverbot nach Paragraph 6 des Tierschutzgesetzes", erläuterte Katarina Zalneva, Studienautorin und Ökobüro-Umweltjuristin. "Bereits erteilte wasser- oder naturschutzrechtliche Genehmigungen spielen für den Tatbestand keine Rolle, da die Fischtötungen in diesen Verfahren nicht behandelt werden und daher nicht von der Bewilligung miterfasst sind."
Um die Tötungen auch nur ansatzweise rechtfertigen zu können, müsse laut Tierschutzgesetz ein "vernünftiger Grund" vorliegen. Das treffe auf den aktuellen Betrieb von Schwallkraftwerken nicht zu. Dieser sei laut Studie häufig auf maximalen Erlös und Gewinn ausgerichtet, was keinen "vernünftigen Grund" darstelle. Zudem gebe es zur Betriebsweise für die Netzstabilität Alternativen, die stärker genützt und ausgebaut werden müssten.
Nur noch zwei Prozent des Soll-Fischbestands
"Am Beispiel der stark schwallbelasteten Flüsse Inn und Ziller in Tirol sieht man den Einfluss der Wasserkraft und die damit verbundene drastische Abnahme der Fische über die Jahrzehnte", konstatierte Zacharias Schähle, Leiter des Tiroler Fischereiverbandes, und warnte: Ohne Änderungen hätten "wir in naher Zukunft keine Äschen, Koppen und andere Fischarten mehr". Schon jetzt betrage der Fischbestand im Inn über weite Abschnitte nur 20 Prozent des Solls. Im unteren Abschnitt des Zillers seien es gar nur zwei Prozent.
Für die Entwicklung gebe es mehrere Ursachen, der Schwall-Sunk-Betrieb spiele aber eine entscheidende Rolle. WWF und der Tiroler Fischereiverband fordern auf allen Schwallstrecken die Einführung eines "Jungfischfensters", einer neunwöchigen Schonzeit im Mai und Juni.
Österreichweit seien 725 Kilometer an Flussstrecken so stark durch Schwall und Sunk belastet, dass sie saniert werden müssen. Laut EU-Recht habe Österreich noch bis 2027 Zeit, die Schwallbelastung zu sanieren. Deutlich zeigt sich das Problem laut den Naturschützern etwa beim "Stranden" einiger gefährdeter Fischarten wie der Koppe: Bei hohem Wasserstand weichen Jungfische in flache Uferbereiche aus, um der schnellen Strömung zu entgehen, später bleiben sie in seichten Bereichen gefangen, tausende verenden.
(oekoreich/APA)
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