Wer kennt sie nicht, die Geschichte vom „bösen Wolf“. Es ist eines der bekanntesten Märchen im europäischen Raum und handelt bekanntlich von einem armen Mädchen, das wie seine Großmutter von einem Wolf gefressen wird. Die Erzählung spielt mit der Urangst der Menschen vor den dunklen Wäldern und ihren Bewohnern. Und auch heute noch gibt es Menschen und Organisationen, die mit den Ängsten spielen.
Etwa wenn mal wieder gegen den Wolf mobilisiert wird, der angeblich eine todbringende Gefahr für die heimische Landwirtschaft wäre. Untermauert wird das durch schreckliche Fotos von gerissenen Schafen und der unterschwelligen Botschaft, dass demnächst auch die Kinder in den Dörfern dran sein könnten. Wie gefährdet sind die heimischen Schafe nun aber tatsächlich durch den Wolf? Ein kleiner Faktencheck.
Zahlen auf den Tisch
So zeigt die Statistik für die Almsaison 2024 im Land Tirol, dass dort exakt 83 Schafe durch einen Wolfsriss ums Leben gekommen sind. Tendenz stark sinkend, berichtet der ORF, denn im Vorjahr wären es noch 183 landwirtschaftlich genutzte Tiere gewesen, die durch Großraubtiere wie Wölfe, Schakale oder Bären getötet worden wären. Es könnte auch sein, dass das auf verstärkte Herdenschutzmaßnahmen zurückzuführen ist.
Die greifen natürlich nicht bei Unwettern, Unfällen oder Krankheiten. Die sind nämlich zahlenmäßig eine viel größere Gefahrenquelle für die Schafe als die Wölfe. Bis zu 3.000 Tiere sterben jedes Jahr auf den Almen an Blitzschlägen & Co – und niemand führt eine Debatte darüber. In ganz Niederösterreich wurden 2023 satte 38 Schafe von Wölfen gerissen. Ist das wirklich einen gesellschaftlichen Aufschrei wert?
Der Wolf: Die Gesundheitspolizei der Wälder
Der Wolf erfüllt überdies eine wichtige Funktion in unserem Ökosystem, gilt er doch als „Gesundheitspolizei“ des Waldes. Darauf verwies auch Tierschutz Austria-Expertin Leona Fux im Gespräch mit Sebastian Bohrn Mena beim oe24TV-Format „Unsere Tiere“. Dort wurde unterstrichen, dass die Aufgaben des Wolfes nicht von Menschenhand ersetzt werden können – weswegen wir ihn in unseren Wäldern bräuchten.
Zu den wichtigen Aufgaben, die der Wolf erfüllt, erklärt etwa der WWF: „Auch für die Gesundheit eines Ökosystems spielt der Wolf eine wichtige Rolle, da er kranke und schwache Tiere leichter erlegen kann als schnelle und wehrhafte Individuen. So hält der Wolf den Wildbestand fit und hilft Krankheiten einzudämmen. Außerdem hinterlässt der Wolf Beute für andere wichtige Schlüsselarten im Ökosystem.“
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