Kaum ein Tier ist so flink und wendig unterwegs wie das Eichhörnchen. Die Leichtathleten des Waldes sind außerdem begnadete Nussknacker mit einem unglaublichen Erinnerungsvermögen. Was man ansonsten noch über das Nagetier mit den großen Kulleraugen wissen sollte und wie wir ihnen im Winter helfen können, erfahren Sie hier.
Es raschelt unter den wenigen Blättern, die den winterlichen Boden bedecken. Eine kleine, koboldhafte Gestalt springt hervor und klettert flink von Ast zu Ast der nahegelegenen Bäume. Wer einen Blick auf die sogenannten Leichtathleten des Waldes erhaschen möchte, muss schnell sein. Forscher bezeichnen die Geschwindigkeit und Leichtigkeit, mit der sich Eichhörnchen fortbewegen, gar als „spektakulär“. Denn sie springen augenscheinlich mühelos von einem schwankenden Ast zum nächsten, oft mehrfach so weit, wie ihr Körper lang ist. Entfernungen von vier bis fünf Meter in der Luft sind so für sie ein Klacks, auf dem Boden schaffen sie gar 30 bis 90 Zentimeter weite Sätze.
Sie erreichen dabei eine Geschwindigkeit von bis zu 25 km/h. Zum Vergleich die durchschnittliche Geschwindigkeit eines laufenden Menschen beträgt bis zu 13 km/h. Das Eichhörnchen flitzt dem Menschen also problemlos davon, ganz zu schweigen von seinen waghalsigen Kletterkünsten, kopfüber selbst auf glatter Baumrinde oder hoch oben in den Baumkronen. Möglich machen dies seine kräftigen, muskulösen Hinterbeine, seine langen, scharfen Krallen, Greifzehen an Vorder- und Hinterpfote sowie sein buschiger und behaarter Schwanz. Letzterer funktioniert als Balance-, Steuer- und Ruderhilfe. Doch noch etwas ist nötig, damit das Eichhörnchen als Artistik-Künstler brillieren kann – sein Superhirn.
Phänomenales Superhirn
Eichhörnchen, die durch den Wald oder Park huschen, folgen vermutlich einer Route, die sie bereits zuvor einmal zurückgelegt und in einer mentalen Landkarte abgespeichert haben. Ihr fantastisches Erinnerungsvermögen wird vor allem ersichtlich, wenn sie im Winter ihre bis zu 10.000 (!) Vorratsdepots an versteckten Nüssen wiederfinden. Dachte man früher, dass sie diese mit ihrer feinen Nase erschnüffeln, gibt es mittlerweile neue Erkenntnisse, wie sie ihre Nahrungsvorräten wieder aufspüren.
Die Neurowissenschaftlerin und Verhaltensforscherin Lucia Jacobs, die an der Universität von Kalifornien in Berkeley in den USA arbeitet, hat jedoch mittels eines Experiments herausgefunden: Eichhörnchen erinnern sich daran, wo sie ihre Nüsse vergraben haben. Versteckte Leckerbissen von anderen Artgenossen finden sie signifikant weniger häufig als ihre eigenen. Somit liegt ihr Erfolg, die unzähligen versteckten Nüsse zu finden, weniger an ihrer Spürnase als vielmehr an ihrem phänomenalen Gedächtnis. Eine sensationelle Gabe, die den cleveren Säugetieren im Winter das Überleben sichert.
Unterstützung im Winter
Doch auch ein Superhirn freut sich über etwas Unterstützung, wenn die Temperaturen klirrend kalt sind und die Futtervorräte knapp werden. Denn Eichhörnchen halten keinen Winterschlaf, sind somit auch in der kalten Jahreszeit ein paar Stunden am Tag aktiv und auf Futtersuche. Beispielsweise können Haselnüsse oder Walnüsse (in der Schale!) an die in der Stadt lebenden Eichhörnchen verfüttert werden. Innerhalb weniger Sekunden „sprengen“ die begnadeten Nussknacker ihre Beute. Dafür schaben sie mit den beiden unteren Nagezähnen zuerst ein Loch in die Schale.
Dann hebeln sie die Nuss mit den Zähnen auf. Aber auch über getrockneten Mais, Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne, Rosinen, Karotten, Apfelscheiben oder Weintrauben freuen sich die Nager. Finger weg jedoch von Erdnüssen oder Mandeln. Einerseits zählen diese nicht zum natürlichen Nahrungsangebot der Nagetiere, andererseits enthalten z.B. Bittermandeln eine Vorstufe von Blausäure und sind somit giftig, Erdnüsse wiederum sind häufig von Schimmel befallen. Nüsse und Co. können den hungrigen Nagern beispielsweise in einem Futterhaus, das in ca. zwei Meter Höhe an einem Baum angebracht ist, angeboten werden. Das ermöglicht den Tieren die schnelle Flucht, wenn Gefahr droht.
Darüber hinaus ist neben dem Futter auch frisches Wasser für die Tiere wichtig. Genauso wie das Futterhaus sollte auch die Tränke erhöht angebracht werden, damit Feinde des Eichhörnchens – darunter Baummarder, Wiesel, Wild- oder Hauskatzen sowie Habichte, Mäusebussarde und Eulen – kein leichtes Spiel haben. Das Wasser bitte regelmäßig austauschen und das Behältnis zudem sauber halten.
Hilfe beim Auffinden von verletzten oder Jungtieren
Traurigerweise kommt es auch immer wieder zu Unfällen mit den quirligen Baumbewohnern. Wenn sie beispielsweise im Herbst auf Futter- oder im Frühling auf Partnersuche sind, achten sie kaum auf den Straßenverkehr und können überfahren werden. Noch lebende Tiere, die sich nach einem Autounfall aus einem natürlichen Instinkt heraus nicht in die nächste gelegene Baumkrone retten, haben vermutlich schwere Verletzungen und es bedarf sofortiger Hilfe.
Kontaktieren Sie unverzüglich den nächsten Tierarzt oder eine Auffangstation in ihrer Nähe. Eichhörnchen können beißen, daher nur mit Handschuhen angreifen und in einen Schuhkarton mit Löchern geben. Die verletzten Tiere sollten keinesfalls selbst medizinisch versorgt oder gefüttert, sondern professionelle Hilfe gesucht werden. Dasselbe gilt für Jungtiere, die im Frühjahr am Boden liegend ohne Mutter gefunden werden.
Wilde Verfolgungsjagden zur Paarungszeit im Januar
Apropos Jungtiere – zum Jahreswechsel, also zwischen Dezember und Januar, beginnt bei Eichhörnchen die Paarungszeit. Wilde Verfolgungsjagden Baum auf- und abwärts, die wir zurzeit beobachten können, sind dabei keine Seltenheit. Männchen nehmen die Fährte paarungsbereiter Weibchen über anderthalb Kilometer Entfernung auf. Das Weibchen entscheidet sich schließlich für eines der werbenden Männchen und bringt nach 38 Tagen Tragezeit bis zu 6 Jungen in einem Wurf zur Welt.
Sie werden blind sowie nackt geboren und bekommen erst nach 2 Wochen ein hellrotes bis braunschwarzes Fell. Im Nest der Mutter, dem sogenannten Wurfkobel, werden die kleinen Eichhörnchen ca. 8 Monate gesäugt und versorgt. Sie können darüber hinaus auch ein paar weitere Monate dort leben, sind aber eigentlich Einzelgänger.
Einzelgänger eroberten (fast) die ganze Welt
Als Einzelgänger haben sie sich über die ganze Welt hinweg verbreitet. 280 verschiedene Arten sind auf 4 Kontinenten vertreten. Nur in Australien und in der Antarktis gibt es keine Eichhörnchen. Die Nager können auf eine große, bekannte Verwandtschaft blicken, darunter Streifenhörnchen (Chipmunks), Präriehunde und Ziesel. Ihr Name stammt übrigens von dem indogermanischen Wort „aig“ (übersetzt: etwas, das sich schnell bewegt) oder aber vom Wort „aik“ ab, das Eiche bedeutet. Ihre buschigen Ohren mit den langen Pinselhaaren im Winter sehen von weitem aus wie kleine Hörnchen, was wohl auch die Namensgebung erklärt. Nicht nur ihre Ohrpuschel, sondern auch ihre großen, dunklen Kulleraugen und ihre koboldhafte Erscheinung verzücken Menschen weltweit.
Darüber hinaus sind Eichhörnchen faszinierende Wesen, die uns mit ihrer Flinkheit, ihren Kletterkünsten sowie ihrem phänomenalen Gedächtnis staunen lassen. Und wenn sie doch einmal einen Nussvorrat vergessen sollten, freuen sich Mensch und Tier über Samen, die im Frühjahr zu keimen beginnen und zu Bäumen heranwachsen. Eichhörnchen zählen also nicht nur aufgrund ihres Aussehens und ihren Fähigkeiten zu den beliebtesten Wildtieren und Waldbewohnern, sondern spielen auch eine wichtige ökologische Rolle.
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