Ihren braunen, großen Kulleraugen kann kaum jemand widerstehen. Ihre Wolle hält in Form von Decken oder Pullovern warm. Und sie werden nicht nur zu Therapiezwecken, sondern sogar als Bodyguards im landwirtschaftlichen Bereich eingesetzt. Die Rede ist von Alpakas, den „Delfinen der Weide“. Warum sie so genannt werden und wie vielfältig sie auch in Österreich bereits zum Einsatz kommen, haben wir uns genauer angesehen.
Auf so mancher Weide in Österreich erkennt man bei genauerem Hinsehen, dass nicht (nur) Kühe oder Schafe dort grasen, sondern Alpakas. Denn immer mehr landwirtschaftliche Betriebe hierzulande oder auch in Deutschland setzen auf diese flauschige, höckerlose Kamelart mit ihrem langen Hals und Beinen aus den südamerikanischen Anden. Und das, obwohl ihr Fleisch nicht gegessen, ihre Milch nicht getrunken und sie auch nicht geritten werden. 2018 schätzte das „Lama und Alpaka Register Österreich“ den Bestand auf 3.500 bis 4.000 Tiere. Inzwischen dürfte ihre Zahl deutlich gestiegen sein. Der Gesamtbestand in der Europäischen Union liegt derzeit bei ungefähr 50.000 bis 60.000 Tieren, einschließlich Großbritannien. Aber was macht den Reiz dieser Tiere aus?
Flauschiges Fell für Decken und Pullover
Als erstes sticht ihr warmes und flauschiges Fell ins Auge. Alpakas stammen aus hoch gelegenen kalten Regionen im südlichen Peru und haben deshalb ein langes, dichtes Fell, das sie warmhält. Ungefähr 4 Millionen Tieren sind dort ansässig, was circa 80 Prozent des weltweiten Bestandes entspricht. Aber auch in den kühlen Regionen Boliviens (325.000) und Chiles (27.000) finden sich große Alpaka-Bestände. Alpakas lassen sich aufgrund ihres Felles in zwei unterschiedliche Typen unterscheiden. Huacaya-Alpakas haben eine dichte und füllige Wolle, die sich kräuselt. Im Vergleich zur Schaf-Wolle ist sie feiner und reißfester.
Die viel selteneren Suri-Alpakas, sie machen nur etwa zehn Prozent aus, hingegen haben ein eher lockiges, glänzendes Fell. Daraus kann ein Garn gesponnen werden, das Seide ähnelt und somit eher teuer ist. Die im Inneren hohlen Alpaka-Faser sind deshalb so beliebt, weil sie leicht, warm und – im Gegensatz zu anderen Fasern – klimaausgleichend sind. Darüber hinaus nehmen sie viel Wasser auf, ohne sich dabei nass anzufühlen. Als Bettdecke verarbeitet, kann diese ganzjährig genutzt werden. Denn im Vergleich zu Daunen-Decke speichert Alpaka-Wolle nicht nur Wärme, sondern schafft sogar einen Wärmeausgleich. Das heißt, die Faser funktioniert ähnlich wie eine Klimaanlage. Sie wärmt bei Kälte und kann auch Wärme ableiten.
Alpaka-Produkte ohne Tierleid
Aber auch was das Tierwohl betrifft, schneiden Alpaka-Produkte besser ab. Denn Alpaka werden in der Regel nur einmal im Jahr geschoren, wenn sie ihr dickes Fell Temperatur-bedingt nicht mehr brauchen. Die Wolle eines Tieres reicht durchschnittlich für eine warme Decke aus. Im Gegensatz zu Gänsen, die für ihre Federkleid meist getötet werden oder beim Lebendrupf schreckliches Leid über sich ergehen lassen müssen, leben Alpakas nach dem Scheren weiter.
Ein Alpaka kommt so in seinem ganzen Leben auf ca. zwanzig Decken, die aus seinem Fell produziert werden können. Daraus entstehen jedoch nicht nur Decken, aus dem Strickgarn werden beispielsweise auch Schals, Mützen, Pullover und andere Textilien gefertigt. Sehr beliebt sind auch Schuh-Einlegesohlen, die im Winter besonders warmhalten. Ein weiterer Pluspunkt: Alpaka-Produkte sind für Allergiker geeignet.
Hilfe zur Entschleunigung
Alpaka sind friedliche, entspannte, gelassenen und sehr anpassungsfähige Wesen. Sie kommen gut mit den Klima-und Nahrungsbedingungen unterschiedlicher Regionen zurecht. Deshalb entscheiden sich auch in Österreich und Deutschland immer mehr Zuchtbetriebe für diese Tiere. Als Fluchttiere sind sie zu Beginn meist scheu, können aber gut an den Menschen gewöhnt werden. Die meisten werden so zutraulich, dass Streicheln gar kein Problem darstellt und sie das sogar genießen.
Ihr Vertrauen in den Menschen, aber auch ihre ruhige, sensible und feinfühlige Art kommt auch Entspannung-Suchenden zugute. Manche Alpaka-Betriebe bieten Trekking-Touren oder Spaziergänge mit den Tieren an, um gestressten Menschen bei der Entschleunigung zu helfen. Beim gemeinsamen Ausflug werden die Tiere am Halfter geführt, sie geben dabei das Tempo vor. Stressgebeutelte passen sich dem gemächlichen Gang an und finden so Entspannung.
Therapie-Tiere für kranke oder beeinträchtigte Menschen
Alpaka werden jedoch auch als Therapie-Tiere genutzt. Nach einem entsprechenden zwei- bis zweieinhalbjährigen Training helfen zahme Alpakas Menschen mit Beeinträchtigungen oder Suchtkranken durch ihre positive Ausstrahlung und beruhigende Wirkung ihr Selbstbewusstsein zu stärken. Kaum woanders wird dieses besondere Grundvertrauen zwischen Menschen und Tier so sichtbar wie beim Umgang mit Alpakas. So sind auch Besuche mit den sogenannten „Delfinen der Weide“ in Krankenhäusern oder Pflegeheimen möglich.
Denn ähnlich wie Delfine haben Alpakas eine natürliche Fähigkeit, auf Menschen positiv einzuwirken. Sie können durch ihre neugierige Art gut und schnell den Kontakt zu erkrankten Menschen herstellen und verschaffen so zum Beispiel Krebspatienten oder Kindern mit Handicap ein paar schöne, unbeschwerte Momente. Warum Alpakas eine derartig positive Wirkung auf den Menschen haben, ist noch nicht genau erforscht, die Wissenschaft arbeitet allerdings bereits daran, dieses Geheimnis zu lüften.
Bodyguard auf dem Bauernhof
Alpaka sind jedoch nicht nur Therapie-Tiere. Durch ihre aufmerksame, neugierige Art dienen sie auch als Aufpasser für freilaufende Hühner, die eine leichte Beute für Greifvögel darstellen. Alpaka wachen über die Hühner und schrecken so Füchse und Habichte ab. Es gibt sogar Berichte, dass sie tierische Eindringlinge – sogar Wölfe – regelrecht attackieren und so ihre Schützlinge verteidigen. Sie sind somit als stetige Beobachter ideale Hüter.
Aber Achtung, genauso wie ihre Verwandten die Lamas, können Alpaka spucken, wenn sie sich bedroht fühlen. Das richtet sich aber meist gegen Artgenossen, wenn es um das Futter oder die Rangordnung geht, und weniger gegen Menschen. Somit steht einer entspannten Wanderung mit den langbeinigen Fellknäuel nichts mehr im Weg. Dabei gilt es dem Tier nicht zu tief in die Augen zu blicken, so mancher hat sich dabei schon schockverliebt.
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