Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass in letzter Zeit in den Kühlregalen der Supermärkte das ausländische Fleisch immer mehr wird? Das ist kein subjektiver Eindruck, da passiert tatsächlich gerade etwas. Der österreichische Lebensmittelhandel wird bekanntlich von nur drei großen Konzernen kontrolliert, SPAR, BILLA & HOFER decken rund 85 Prozent des Marktes ab. Und in ihren Filialen liegt nun vermehrt Importfleisch.
Vor allem SPAR setzt auf Importware
Insbesondere beim Geflügel ist das auffällig und ein großer Lieferant ist der italienische Skandal-Konzern AIA. Der ist in der Vergangenheit mit unglaublichen Videoaufnahmen von systematischer Misshandlung von Tieren aufgefallen. Dennoch liegen seine Produkte im großen Stil in den Kühlregalen, vor allem bei SPAR, aber auch bei BILLA. Der Grund dafür ist nicht etwa eine besonders gute Qualität, sondern vor allem der niedrigere Preis.
Die Handelskonzerne können das Fleisch vom Skandalkonzern aus Italien deswegen so billig einkaufen, weil es den Tieren dort deutlich schlechter geht als in Österreich. Wir reden hier nicht von Einzelfällen sondern vom gesetzlichen Standard. In Österreich haben die Masthühner mindestens 40 Prozent mehr Platz als in Italien – oder anders ausgedrückt: In italienischen Tierfabriken dürfen 42 Kilogramm pro Quadratmeter gehalten werden.
Die großen Verlierer: Arme Tiere hier wie dort
Auch die Fütterung macht einen großen Unterschied aus, das genmanipulierte und oftmals auch mit Glyphosat behandelte Futter, das die italienischen Qualhühner fressen müssen, ist spottbillig. Kein Wunder, es kommt mitunter aus Übersee und ist für die Zerstörung von natürlichen Lebensräumen verantwortlich, schadet also nicht nur den armen Tieren in den Mastfabriken, sondern auch den armen Tieren in den Anbauregionen dieser Welt.
Wir haben den Branchenprimus SPAR erneut damit konfrontiert, dass derzeit das AIA-Fleisch so vielfältig im Regal liegt. Zumal es auch besonders intensiv beworben wird, aktuell etwa mit Flugblättern und Gutscheinen, mit denen man die ohnehin schon günstigen Fleischteile vom italienischen Qualhuhn noch billiger bekommt. Viel Geld also, das in die Werbung fließt, nicht aber in die Lebensbedingungen der Tiere, die am Schluss im Kühlregal landen.
Die Marge könnte ausschlaggebend sein
SPAR, das muss man dem Konzern im Gegensatz zu BILLA und HOFER zugutehalten, hat uns schnell und freundlich geantwortet. Die Konzernsprecherin schreibt: „Wie bereits des Öfteren erwähnt, ist nur etwa 5-8 % unseres Geflügelfleisches aus Italien. Es ist uns wichtig, gerade in Zeiten wie diesen, den Kunden, die jetzt ganz besonders auf ihr Geld schauen müssen, ein entsprechendes Angebot zu machen.“ Es geht also um das Preisniveau.
Man wird aber den Eindruck nicht los, dass es auch um die Marge des Händlers geht. Denn andere Händler bieten AMA-zertifiziertes und damit garantiert heimisches Hühnerfleisch zum selben Preis an wie die italienische Ware. Es könnte also sein, dass es in Wahrheit um den Gewinn geht, den SPAR mit der Importware machen möchte. Und die ist im Steigen befindlich, das bestätigen auch Vertreter der Geflügelwirtschaft Österreich.
Dramatische Situation in Gastronomie
Rund 10 Prozent des in Supermärkten verkauften Frischfleisches beim Geflügel sollen aktuell importiert sein, so ein Vertreter der Branche. Einzelne Händler würden nun vermehrt auf Importware setzen, insbesondere das AIA-Fleisch aus Italien würde verstärkt auf den Markt drängen. Wirklich dramatisch ist die Entwicklung aber in der Gastronomie und im Großhandel. Dort dürfte es nämlich genau umgekehrt sein.
In den Restaurants und Großküchen dürften nämlich 90 Prozent des Hühnerfleisches aus dem Ausland stammen. Auch hier spielt AIA eine große Rolle, doch mitunter stammt das Geflügel noch aus ganze anderen Ecken der Welt. Bis nach Vietnam und Thailand reichen die Lieferketten der heimischen Großhändler, von dort wird besonders billiges Qualhuhn eingekauft, das dann bei uns vielleicht sogar als „steirisches Backhendl“ angeboten wird.
Die Landwirtschaft könnte liefern – doch die Konzerne wollen mehr Profit
An mangelndem Angebot liegt das jedenfalls nicht. Wie der Branchensprecher versichert, könnte die heimische Landwirtschaft die Nachfrage auf jeden Fall decken. Zu 100 Prozent könnten etwa die Supermärkte bedient werden, auch die Gastronomie könnte in viel größerem Umfang beliefert werden. Es ist also nur eine Frage des Wollens. Der Konsument wird diesen Missstand jedenfalls nicht beheben können, der er bleibt oft im Dunkeln.
Gerade in der Gastronomie werden die Gäste nicht darüber informiert, woher die Zutaten wirklich stammen. Und auch im Supermarkt muss etwa bei verarbeiteten Produkten, dazu reicht es schon, wenn ein Stück Fleisch mariniert wurde, nicht informiert werden, woher das Fleisch stammt. Und genau das nutzen die Unternehmen schamlos aus. Bleibt zu hoffen, dass die Politik dem Druck aus der Bevölkerung bald nachgibt. Wir bleiben jedenfalls dran.
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