Die neuen Bedingungen mit steigenden Durchschnittstemperaturen bringen Europa u.a. insgesamt mehr Trockenstress für die Bäume, höhere Waldbrandgefahr und Druck auf bewährte Arten. Um dem zu begegnen, müsse man die Begebenheiten für jede Region genau analysieren, so der Forstsystemexperte Florian Kraxner im Vorfeld einer Konferenz in Wien. Von der Fichte als "Universalbaum" müsse man sich mancherorts verabschieden, auch auf die Industrie und den Tourismus kommen Änderungen zu.
"Es ist mit Schrecken festzustellen, dass der Klimawandel und seine Folgen eigentlich noch schneller vorwärtsschreiten als wir alle gedacht oder befürchtet haben", so der Wissenschafter zur APA. Dazu komme, dass die Emissionen, die heute verursacht werden, erst in rund 20 Jahren voll spürbar werden. "Wir sind jetzt damit konfrontiert, was wir um die Jahrtausendwende angestellt haben."
Trockenheit macht anfällig für Borkenkäfer
Der österreichische Forstwissenschafter Rupert Seidl stellte erst kürzlich im Fachblatt "Science" die erste globale Klimarisikokarte für Wälder vor. Demnach ist der Wald in Mittel- und Westeuropa einem hohem Klimarisiko ausgesetzt. Spürbar war das bereits in den vergangenen Jahren, denn der Wald in unseren Breiten ist zunehmend gestresst. Große Probleme verursacht vor allem das schnell schrumpfende Wasserangebot. Fehlt aber die Feuchtigkeit, kann der Wald auch mit viel CO2 und Nährstoffen weniger anfangen, erklärte
Kraxner.
Der Forst leidet mittlerweile vielerorts unter wiederkehrenden Trockenperioden. Das bringt die eigentlich recht wehrhaften Bäume in Bedrängnis, wenn sich Borkenkäfer ausbreiten. Es fehlt dann nämlich an Abwehrkräften. Aus der Trockenheit folgt auch die Zunahme der Waldbrandgefahr - ein Spezialgebiet von Kraxner.
Dass das in Zentraleuropa zunehmend zum Problem wird, ist relativ neu. Österreich war bisher zwar noch "einigermaßen verschont", der Brand im vergangenen Herbst in Hirschwang in der Marktgemeinde Reichenau a.d. Rax (NÖ) hatte aber bekanntlich bereits ungewöhnlich große Dimensionen. "Es wird noch schlimmer werden", so die Prognose für Teile Europas. Die Experten suchen daher auch nach Faktoren, die vor Bränden schützen, um ihre langfristigen Risikoabschätzungen zu verbessern. Auf Basis der Szenarien des Weltklimarates (IPCC) erarbeiten sie eine weltweite "Feuerrisikomodellierung".
Gemanagter Wald im Vorteil
Im früher kaum von Bränden heimgesuchten Skandinavien sehe man etwa, dass es zuletzt in Schweden relativ viele Feuer gab, in Finnland jedoch kaum - obwohl der Wald dort am intensivsten genutzt wird. Woran das liegt, müsse man noch analysieren, so der Präsident der International Boreal Forest Research Association (IBFRA). Das Ziel der Forscher ist es, Karten zu erstellen, die auf künftige Brand-Hotspots hinweisen.
In Zukunft müsse man jedenfalls auf lokaler Ebene überlegen, was der Wald jeweils leisten soll. Gehe es darum, möglichst viel Kohlenstoff einzulagern und bedenkt man das steigende Risiko für Naturgefahren, ist ein gemanagter Wald eher im Vorteil gegenüber einem ohne Eingriff wachsenden Wald. Will man die Artenvielfalt fördern, ist ein mehr oder weniger sich selbst überlassener Forst besser. "Beides zugleich stößt auf seine Limitationen", so Kraxner.
In Österreich brauche es ein regional angepasstes Forstmanagement. Klar sei, dass es vor allem im heißer und trockenerer werdenden östlichen Landesteil stärkere Anpassungen braucht. Das biete auch neue, lokale Möglichkeiten. Wo in Zukunft welche Bäume dominieren werden, sei stark von den kleinräumigen Bedingungen abhängig. So ist der heimische Wald auch in Abhängigkeit von der Seehöhe recht unterschiedlich und in höhen Lagen durchaus auch mit dem borealen Wald vergleichbar.
Fichte verliert an Boden
Wenn nun dort Permafrostböden tauen, ändert das die Umstände und das Erscheinungsbild des Gebirges. "Dieser Wald ist der Puffer, der das Unheil abhält, das in den Bergen droht", sagte Kraxner. Wenn durch das Tauen vermehrt mit Felsstürzen oder Muren zu rechnen ist,
werde es auch für Touristen mitunter gefährlicher. Die Gletscherschmelze und der weniger werdende Schneefall im Winter bringt ebenso Veränderungen. Fällt viel Regen statt Schnee, ist das Wasser, das sonst im Laufe des Frühlings und Sommers durch die Schmelze zur Verfügung steht, schon viel früher abgeronnen. Das trifft auch den Wald, der so und so künftig unter häufiger stattfindenden Extremjahren leiden wird.
In Zukunft werde auch deutlicher, dass die in der Holzindustrie so beliebte, gerade- und schnellwüchsige Fichte "nur noch in höheren Lagen gute Erträge bringen wird". Die Frage sei: Was kommt unten nach? In tieferen Lagen fehlt dem Flachwurzler oft schon der Zugang
zu genügend Wasser, der Stress macht ihn zudem zum gefundenen Fressen für Borkenkäfer. Die jeweils passende Mischung aus heimischen und nicht-heimischen Bäumen zu finden, sei eine der großen Herausforderungen, so der Forscher.
(oekoreich/APA)
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