Der Milchmarkt in Österreich ist ein Milliardengeschäft, eine ganze Reihe von Molkereien kämpfen um den riesigen Markt. Dabei setzen die Unternehmen auf unterschiedliche Methoden, um sich im Supermarktregal und in der öffentlichen Wahrnehmung zu differenzieren. Manche werben mit vermeintlicher „Klimaneutralität“, andere mit „Tiergesundheit“ – und manche schmücken sich mit dubiosen Auszeichnungen.
Einen solchen Fall kann man bei der „Kärntner Milch“ erleben, dem Lokalmatador aus Kärnten mit einem Jahresumsatz von rund 100 Millionen Euro. Die Molkerei gehört nicht zu den größten Betrieben in Österreich, ist im südlichsten Bundesland aber tonangebend. Und in Person ihres Geschäftsführers Helmut Petschar ist sie auch bundesweit bedeutend, der ist nämlich immerhin Präsident der mächtigen Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter.
Eine fragwürdige Auszeichnung
Die „Kärntner Milch“ versucht sich offenbar als „nachhaltig“ zu positionieren, man liest zum Beispiel: „Nachhaltigkeit und Regionalität sind für die Kärntnermilch seit ihrer Gründung vor mehr als 85 Jahren eine der wichtigsten Erfolgsfaktoren. In den vergangenen Jahren sind zudem die Faktoren Umwelt, Energieeffizienz, Klimaschutz und insbesondere der Tier- sowie der Artenschutz immer weiter in unseren Fokus gerückt.“
Und wer auf der Homepage unter „Auszeichnungen“ blickt, der findet dort eine „Auszeichnung für gelebte Nachhaltigkeit“. Diese wird mit einer Urkunde bestätigt, ausgestellt wurde sie von einem Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Zeitung KURIER. Wie Journalisten hingegen recherchierten, handelt es sich dabei um einen Fall von Greenwashing. Das sieht zumindest eine Expertin der Organisation Greenpeace so.
Ist für die Auszeichnung auch Geld geflossen?
In einem Artikel des FALTER, der die fragwürdigen Hintergründe des Siegels und der Bewertungskriterien beleuchtete, äußerte diese: „Das Kurier-Siegel ist offensichtlich keine wissenschaftliche Studie, sondern Greenwashing.“ Wenn aber unabhängige Expert*innen das derart bewerten und damit der ganze Marketingnutzen, den eine solche Auszeichnung mit sich bringen kann, gleich wieder weg ist – wieso schmückt man sich dann damit? Und wieso gibt man sogar an, dass es sich dabei um ein „Gütesiegel“ handle?
Wir haben die Kärntner Milch damit konfrontiert und nachgefragt, wieso sie mit dieser Auszeichnung werben und ob sie nicht die Sorge haben, dass Konsument*innen sich getäuscht fühlen könnten. Außerdem wollten wir wissen, denn so wird es im FALTER-Artikel insinuiert, ob im Zusammenhang mit der Auszeichnung von der Kärntner Milch an die ausstellende Organisation oder das Medium KURIER auch Geld geflossen ist.
Vorwürfe für Kärntner Milch nicht verständlich
Der Direktor der Kärntner Milch, oben genannter mächtigster österreichischer Milchfunktionär Helmut Petschar, bestreitet das entschieden. Das Gütesiegel sei weder gekauft noch die Entscheidung beeinflusst worden, darüber hinaus könne man, bei den vielen Aktivitäten, welche die Kärntner Milch setze, den Vorwurf des Greenwashings nicht nachvollziehen. Das Unternehmen werde von externen Fachleuten kontrolliert.
Die Kritik von Greenpeace in Bezug auf diese Auszeichnung kann also nicht nachvollzogen werden und von der Führung des „Siegels“ möchte man offenbar auch weiterhin nicht Abstand nehmen. Offen bleibt, wieso die Kärntner Milch, die nach eigenen Angaben auf viele Aktivitäten im Bereich der Nachhaltigkeit setzt, sich mit dieser fragwürdigen Auszeichnung schmückt. Man sei als „Nachhaltiges Unternehmen“ ausgezeichnet worden, so Petschar.
Keine Nachhaltigkeit feststellbar
Doch eine im FALTER-Artikel genannte Expertin ergänzt, dort befragt zur Methodik hinter der gegenständlichen Auszeichnung: „Es ist unmöglich, mit dieser Methode die Nachhaltigkeit eines Unternehmens zu messen.“ Das bedeutet, dass sich Expert*innen also einig sind, dass die Auszeichnung, welche die Kärntner Milch so stolz bereits im zweiten Jahr auf der Homepage führt, nicht das aussagen kann, was dort versprochen wird.
Und das wiederum kann von uns nur als Greenwashing bezeichnet werden. Denn wer sich ein „grünes“ Image gibt und in dem konkreten Fall sich mit einer dubiosen Auszeichnung, die von der Methodik her gar nicht messen kann, was damit versprochen werden soll, als „nachhaltiges“ Unternehmen schmückt, der muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass damit die Öffentlichkeit scheinbar bewusst für dumm verkauft wird.
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