Es steckt in ganz vielen Lebensmitteln drin, vor allem weil es billig im Einkauf ist: Palmöl. Für die Erzeugung zahlen wir alle einen hohen Preis, auch wenn uns das noch nicht im vollen Umfang bewusst sein mag. Das industriell genutzte Palmöl stammt in erster Linie aus Asien, genauer gesagt aus Ländern wie Malaysia oder Indonesien. Große Nahrungsmittel-Konzerne wie Nestlé oder Unilever verwenden es massenhaft, doch auch Eigenmarken von Handelskonzernen wie REWE (Billa) sind voll damit, wie oekoreich kürzlich aufgezeigt hat.
Das wichtigste Argument von Konzernen, um ihren Einsatz von Palmöl zu rechtfertigen, ist die Referenz auf Gütesiegel. Hier wird meist das RSPO-Siegel herangezogen, das jedoch nachweislich nicht das hält, was es verspricht. Von Expert*innen wird es nicht nur abgelehnt, sondern auch als „Greenwashing“ kritisiert – es macht die Welt schlechter als besser, weil es den Konsument*innen den Eindruck vermittelt, dass der Anbau „ökologisch“ erfolgen würde. Das ist nachweislich nicht der Fall, wie nun ein neuer Bericht dokumentiert.
Nachweislich auch RSPO-Unternehmen betroffen
Die beiden NGO Greenpeace und TheTreeMap haben erstmals nachgewiesen, dass über 100 RSPO-Mitgliedsunternehmen in einem ausgewiesenen Waldschutzgebiet in Indonesien aktiv waren. Ölpalmplantagen sind in diesen Gebieten zwar grundsätzlich verboten, dennoch breiten sie sich laut den NGO-Informationen auf einer Fläche von über 3 Millionen Hektar an geschütztem Land aus. Sogar Nationalparks, Naturschutzgebiete und UNESCO-Stätten sind laut Bericht davon betroffen.
Und, darin zeigt sich die besondere Schädlichkeit für die Artenvielfalt, auch in Lebensräumen von Orang-Utans und Sumatra-Tigern sind die Konzerne aktiv. Über 180.000 Hektar Land, das zuvor als Lebensraum für Orang-Utans kartiert war, sowie 148.000 Hektar Land, das als Lebensraum für Sumatra-Tiger kartiert war, wurden mit Stand 2019 von Ölpalmplantagen bedeckt. Ein eindeutiger Verstoß gegen das geltende Recht in Indonesien, das aber kaum eine Ahndung nach sich zieht. Dieses Palmöl landet auch in Europa.
Tiger und Orang-Utans vom Aussterben bedroht
Der Sumatra-Tiger gehört zu den seltensten noch lebenden Tigerunterarten der Welt. Andere Unterarten, etwa der Bali-Tiger oder der Java-Tiger, gelten bereits seit Jahren als ausgestorben – auch in Folge der landwirtschaftlichen Nutzung zuvor mit Wäldern bedeckter Gebiete. Umso größer ist der Druck, nun den Lebensraum dieser Tierart zu erhalten, der aktuell durch den Palmöl-Boom bedroht wird. Nach aktuellen Schätzungen leben nur noch rund 400 dieser besonderen Tiger auf der indonesischen Insel Sumatra.
Auch der Orang-Utan gilt als gefährdete Art, maßgeblichen Anteil daran hat die Palmöl-Industrie. In vielen Regionen der Insel Sumatra sind die Orang-Utans bereits ausgestorben, auch in Borneo ist ihr Bestand in den letzten Jahren dramatisch gesunken. Auch wenn das geltende Recht vor Ort die Artenvielfalt schützen sollte, so sind die Strukturen nicht geeignet die Tiere und ihre Lebensräume vor Eingriffen zu bewahren, wie der neue Greenpeace-Bericht zeigt. Entsprechend klar fällt das Urteil der Expert*innen aus:
„Die Weltgemeinschaft kann sich nicht auf die ISPO- oder RSPO-Zertifizierung verlassen, um sicherzustellen, dass Palmöl legal, geschweige denn nachhaltig produziert und gehandelt wird“ steht im Bericht.
Gütesiegel greifen nicht
Dieser Befund ist insofern wichtig, als dass zahlreiche Konzerne immer noch ihre Verstrickung in illegale Aktivitäten abstreiten. Doch in Wahrheit ist es ihnen gar nicht möglich zu identifizieren, woher genau ihr verwendetes Palmöl stammt, wenn selbst die zertifizierten Rohstoffe nachweislich aus dubiosen Quellen stammen. Der einzige Weg, das zu vermeiden, wäre der Verzicht auf Palmöl aus Regionen, in denen derartige Vorkommnisse dokumentiert sind. Doch diese Form der Verantwortungsübernahme lehnen sie ab.
Dass es auch anders geht, das zeigen die Konzerne übrigens in ihren eigenen Angeboten. Denn zahlreiche Produkte, die etwa bei Eigenmarken mit Palmöl angeboten werden, gibt es in teurerer Ausführung auch ohne diesen Bestandteil. Die allermeisten Produkte lassen sich ohne oder mit einem anderen Zusatzstoff herstellen. Es ist also keine Frage des Könnens, sondern nur eine Frage des Wollens. Wie so oft. Wir können nur hoffen, dass die neuen Aufdeckungen dazu beitragen, dass dieses Bewusstsein gestärkt wird.
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