Sehr geehrte Frau Bundesministerin Köstinger!
Sehr geehrter Herr Bundesminister Mückstein!
Das Tierschutzvolksbegehren hat über 416.000 Menschen hinter sich versammelt, am Höhepunkt einer globalen Pandemie, inmitten eines harten Lockdowns. Wer nach diesem eindrucksvollen Zeichen des gesellschaftlichen Protests noch immer nicht verstanden hat, dass die Menschen in Österreich es endgültig satthaben, dass in unserem Land immer noch Tiere misshandelt und gleichzeitig auch noch ausländische Tierqual importiert werden, dem ist nicht mehr zu helfen. Die Zeit des guten Zuredens ist für uns nun definitiv vorbei.
Bis zu neun Millionen Küken werden jährlich am ersten Lebenstag vergast, das ist einfach nur der pure Irrsinn. Zigtausende Kälber werden als „Abfallprodukte“ einer auf Überschüsse ausgerichteten Milchwirtschaft ins Ausland gekarrt, viele sterben bei Inlandstransporten. Millionen Schweine fristen unter schrecklichsten Bedingungen ihr kurzes Leben, gemästet mit Soja aus dem brandgerodeten Regenwald. Und in öffentlichen Küchen landen Eier und Fleisch aus der Ukraine, aus Argentinien und sogar aus Taiwan, bezahlt mit unserem Steuergeld.
Tiere endlich als fühlende Wesen behandeln
Niemand braucht uns noch sagen, er oder sie hätte nicht gewusst, wie die Realitäten des Umgangs mit Tieren bei uns aussehen. Die Fakten liegen am Tisch. Spätestens nach dem Tierschutzvolksbegehren und unserer fast dreijährigen Kampagne, bei der wir in hunderten Medienberichten und Veranstaltungen und mit Millionenreichweiten über Ursachen, Auswirkungen und Zusammenhänge aufgeklärt haben, lässt sich die aktuelle Situation nicht mehr leugnen. Und wir sind auch nicht mehr bereit, Relativierungen des Status Quo hinzunehmen.
Wir sind der Meinung, dass es im Jahr 2021 nicht sein kann und darf, dass es weiterhin an parteipolitischen Spielchen oder wahltaktischen Überlegungen scheitert, dass Tiere endlich so behandelt werden, wie es das Bundestierschutzgesetz seit 2005 bereits vorsieht. Die dutzenden Ausnahmen, die bislang in der gelebten Praxis dazu führen, dass Tiere nicht immer als fühlende Wesen, sondern viel zu oft wie Objekte behandelt werden, müssen gestrichen werden. Alles andere ist für uns schlicht absolut inakzeptabel.
Weitere Volksbegehren sind möglich
Manche glauben vielleicht, dass nach dem Tierschutzvolksbegehren und der parlamentarischen Debatte nun der Weg frei ist für die üblichen Spielchen, für die ewig gleichen Hinterzimmer-Deals. Manche glauben vielleicht, dass sie das "aussitzen" können. Doch das werden wir nicht hinnehmen. Sollte es notwendig sein, dann werden wir weitere Volksbegehren starten und solange Druck von unten organisieren, bis die Damen und Herren in der hohen Politik endlich umsetzen, was die Menschen an systemischer Veränderung begehren.
Es ist für uns im höchsten Maße enttäuschend, dass politische Parteien jedweder Couleur immer zuerst ihren eigenen Vorteil zu suchen scheinen, sogar wenn es um Tierleid, Bauernsterben und Naturzerstörung geht. Wir werden dem jedenfalls nicht angemessen begegnen, indem wir auf diese Befindlichkeiten eingehen, sondern indem wir ungeachtet all der irrationalen Barrieren unseren Kurs halten. Das ist unser Versprechen im Jahr 2018 gewesen, als wir unsere unabhängige Initiative gestartet haben, daran hat sich auch bis heute nichts geändert.
Wir können auch anders
Sehr geehrte Frau Bundesministerin, sehr geehrter Herr Bundesminister, wir haben heute für Sie mit diesem offenen Brief auch eine klare Botschaft: Entweder das Kükentöten, die Kälbertransporte und all die anderen immer noch legalen Grausamkeiten in unserem Land werden nun endlich rasch verboten, oder wir ziehen andere Saiten auf. Man sollte die Leidenschaft und Entschlossenheit der vielen Bürgerinnen und Bürger jedenfalls nicht unterschätzen, wenn es darum geht sich für die Schwächsten in unserer Gesellschaft einzusetzen.
Über 416.000 Menschen haben uns beauftragt in ihrem Namen dafür zu sorgen, dass ein neuer Weg im Umgang mit Tieren, mit der Natur und mit der kleinbäuerlichen Landwirtschaft beschritten wird. Sie haben uns das direkt-demokratische Mandat erteilt, für sie nach einem "Totalumbau" zu streben. Wir haben nicht vor, diese Menschen und ihre Erwartungen zu enttäuschen. Und jeden Tag komme neue Mitstreiter*innen an unsere Seite und verstärken unsere Bewegung. Sie sollten nicht den Fehler begehen, sie nicht ernstzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Sebastian Bohrn Mena
Bundeskoordinator Bürgerinitiative oekoreich
Bevollmächtigter Tierschutzvolksbegehren
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