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Hochmoor in Österreich: Wie die Rettung eines Naturjuwels gelungen ist

Seine Schritte setzt man hier sehr vorsichtig. Auf Moospolstern geht man wie auf Schaumgummi. Acht Meter Torf liegen unter einem.

10/28/2022
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Hochmoor in Österreich: Wie die Rettung eines Naturjuwels gelungen ist

Seine Schritte setzt man hier sehr vorsichtig. Auf Moospolstern geht man wie auf Schaumgummi. Acht Meter Torf liegen unter einem, und der Geologe Gerald Anthes erklärt, dass sich ein Fehltritt fürchterlich rächen könnte: Wer versinkt, kommt alleine nicht mehr raus. Nicht nur deshalb sind unbegleitete Exkursionen in das Blinklingmoos bei Strobl verboten. Das Hochmoor ist Naturschutzgebiet - und mit seiner Wiedervernässung ein Vorzeigeprojekt im Kampf gegen den Klimawandel.

Ursprünglich war das rund 20 Hektar große Hochmoor rund neun Meter tief. 9.000 Jahre hat die Natur zu seiner Bildung gebraucht. Ein Moor wächst einen Millimeter pro Jahr, lautet die Faustregel. Um einen Meter Mächtigkeit zu verlieren, dauerte es dagegen nur wenige Jahrzehnte. Obwohl in dem idyllisch am Wolfgangsee gelegenen Moor nie systematisch Torf gestochen wurde, haben alleine die für eine landwirtschaftliche Nutzung angelegten Entwässerungsgräben enormen Schaden angerichtet. Die Erträge waren vernachlässigbar, die Zerstörung an einer einzigartigen Naturlandschaft massiv. "Das Hochmoor lief Gefahr zu verbuschen und zu verwalden", berichtet Anthes.

Moore sind sehr effektive Kohlendioxidspeicher

1973 wurden 100 Hektar am See-Südufer, zu denen auch ein Niedermoor, Streu- und Feuchtwiesen sowie Schilf- und Teichrosenbestände gehören, unter Naturschutz gestellt. Doch erst als sich im Jahr 2003 engagierte Bürger zum "Moorverein Wolfgangsee" mit dem Ziel von Renaturierung, Entbuschung und der Hebung des Wasserspiegels zusammenschlossen, kam Bewegung in die Sache. "Am Anfang stand der Naturschutzgedanke im Vordergrund, es ging zentral darum dieses wundervolle Naturjuwel zu erhalten und wieder zu renaturieren", erzählt Astrid Stockinger, vor kurzem zur neuen Vereinsobfrau gewählt. "Bei der Forschung zum Klimawandel und speziell bei der Suche nach Möglichkeiten der CO2-Reduktion sind sich viele Forscher einig, dass intakte Moore eine extrem wichtige Rolle bei der CO2-Bindung spielen. Das bedeutet, gesunde Moore leisten einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz."

Moore sind besonders gute Kohlendioxidspeicher, deutlich effektiver als Wälder oder Grasland. Nach Schätzungen speichern sie rund 30 Prozent des erdgebundenen Kohlenstoffs, obwohl sie nur drei Prozent der Erdoberfläche bedecken. Trocknen sie aus, beginnt ein Verrottungsprozess, bei dem CO2 wieder freigesetzt wird. Daher ist ein wichtiger Teil weltweiter Klimaschutzmaßnahmen, bedrohte oder schon degenerierte Moore als CO2-Speicher zu reaktivieren. In Strobl ist das bereits gelungen. Das 16 Jahre lang geplante Vorhaben, dessen Umsetzung 2019 gestartet wurde und dessen bauliche Maßnahmen zwei Jahre in Anspruch genommen haben, "ist das größte erfolgreiche Wiedervernässungsprojekt eines Hochmoores in Österreich", sagt Anthes.

Behutsames Vorgehen

700.000 Euro haben die vom Naturschutz des Landes Salzburg finanzierten, von dem auf Moore spezialisierten Zürcher Planungsbüro Naturplan akribisch konzipierten und von Anthes begleiteten Maßnahmen gekostet. Biotop-fremde Bäume wie Fichten und Sträucher wurden gerodet und per Hubschrauber moorschonend abtransportiert, die vielen alten, aber noch aktiven Entwässerungsgräben mit bis zu sechs Meter tiefen und 40 Meter breiten Spundwänden abgedichtet, um das Regenwasser im Moor zu halten. Mit welchen Maßnahmen - etwa mit dem Einsatz spezieller Matten - verhindert werden konnte, dass der Bagger dabei im Moor versinkt, zählt zu den Lieblingsgeschichten des Strobler Geologen, der mit sichtlicher Zufriedenheit zeigt, wie gut die Natur bereits auf die Veränderungen reagiert: "Wir sind begeistert, wie schnell die Natur sich diesen speziellen Lebensraum wieder rückerobert!"

Die erfolgreiche Anhebung des Wasserspiegels verlangte, dass der auf der Trasse der ehemaligen Salzkammergut-Lokalbahn durch das Hochmoor führende Rad- und Wanderweg neben dem Aussichtsturm um 30 Zentimeter erhöht werden musste. Torfmoose und andere standorttypische Pflanzen werden die neuen Wasserflächen langsam schließen. Bereits jetzt kann man beobachten, wie wohl sich Sonnentau und Wasserschlauch, zwei seltene fleischfressende Pflanzen, die ihren Stickstoffbedarf durch das Erbeuten kleiner Tiere decken, in der nun wieder feuchteren Umgebung fühlen. Auch viele Tiere kehren wieder in ihren angestammten Lebensraum zurück.

Kampf den Neophyten

Naturschutzbehörde und Salzburger Politik sind mit dem Projekterfolg hoch zufrieden. Zusammen mit ähnlichen Wiedervernässungsprojekten - etwa im Wengermoor, im Adneter Moos und im Wasenmoos - wähnt man sich auf dem richtigen Weg. "Unser Projekt alleine wird zwar den Klimawandel nicht aufhalten, aber wir zeigen, was alles möglich ist", sagt Gerald Anthes und verweist auf die positive Resonanz bei der heimischen Bevölkerung.

Auf den Moorverein kommt allerdings richtig viel Arbeit zu. Während die Natur nun das meiste selbst regelt und moorfremde Vegetation abzusterben beginnt, muss der Mensch beim "Neophyten-Management" aktiv mithelfen. Vor allem der invasive Japanische Staudenknöterich, der pro Tag um bis zu 30 Zentimeter wachsen kann, ist gefürchtet. Ihm haben die 115 Vereinsmitglieder den Kampf angesagt. Die nächsten Vereinstermine gelten nicht dem gemeinsamen Ausfliegen, sondern dem gemeinsamen Ausreißen.

(oekoreich/APA)


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