Seit Tagen wird öffentlich darüber debattiert, zahlreiche teils sehr aufgeregte Stellungnahmen von politischen Akteuren wurden abgegeben – das heimische Wasser ist in aller Munde. Die Versorgung mit Trinkwasser sei in der Zukunft in Österreich nicht gesichert, hunderte Gemeinden wären gefährdet, behauptet etwa die NGO Greenpeace. Sie stützt sich dabei auf eine eigens erstellte Analyse, die darstellen soll, wie schlecht es um die Trinkwasser-Versorgung in Österreich bestellt sei.
Viele Medien griffen diese Analyse auf, die sich in alarmistischen Schlagzeilen niederschlug, etwa: „Hier droht in Zukunft bei uns Wassermangel“. Dass es daran auch fachliche Kritik gab, das ging in den meisten Fällen weitestgehend unter. Die Interpretationen der Datengrundlage durch Greenpeace sei unzulässig bzw. verzerrend, wurde etwa kritisiert. Wir haben bei Monika Mörth nachgefragt, Sektionschefin für Wasserwirtschaft im zuständigen Landwirtschaftsministerium.
Trinkwasser-Versorgung in Österreich ist sichergestellt
Wir wollten von ihr wissen, was an der Analyse von Greenpeace dran ist und wie es um unsere Wasserversorgung wirklich bestellt ist. Dabei wird klar, dass es nicht nur große Vorbehalte hinsichtlich der eigenwilligen Dateninterpretation durch Greenpeace gibt, sondern die Wasserversorgung der österreichischen Gemeinden durchwegs gesichert ist. Gemeinden, Länder und Bund haben eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Trinkwasserversorgung auch langfristig sicherzustellen.
Hier das ganze Interview zum Nachlesen:
oekoreich: Greenpeace zufolge ist die künftige Wasserversorgung nicht in allen Gemeinden Österreichs gesichert. Wie valide sind die herangezogenen Daten und sind die von Greenpeace vorgenommenen Interpretationen zulässig?
Vorausschicken möchte ich, dass das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML) bereits in der Vergangenheit gemeinsam mit den Ländern und Wasserversorgern umfassende Maßnahmen ergriffen hat, um die verlässliche Versorgung mit Trinkwasser auch künftig sicherzustellen. Dazu zählen z.B. der Ausbau des öffentlichen Versorgungsnetzes, die Errichtung tieferer Brunnen und zusätzlichen Trinkwasser-behältern, der Ausbau von Verbund- und Ringleitungen zwischen den Gemeinden und die Errichtung sicherer Einzelwasserversorgungsanlagen. Aufgrund dieser Vorsorgemaßnahmen kann auch in trockenen Sommern die Trinkwasserversorgung gesichert werden.
Bei den von Greenpeace vorgelegten Ergebnissen handelt es sich um keine eigenständige wissenschaftliche Analyse, sondern um das einfache Verschneiden der Ergebnisse der vom BML 2021 publizierten Wasserschatzstudie, konkret der Nutzungsintensitäten bis 2050 für die Grundwasserkörper, mit Gemeindegrenzen. Einen direkten Zusammenhang zwischen einzelnen Grundwasserkörpern und der Wasserversorgung der darüber liegenden Gemeinden herzustellen, ist fachlich falsch wie das Beispiel für Wien zeigt. Die Trinkwasserversorgung in Wien erfolgt seit über 150 Jahren aus den Alpen und nicht aus dem Grundwasserkörper. Auch viele Gemeinden in Niederösterreich sind über Ringleitungen bestens versorgt, auch ein eindeutiger Beweis, dass die Analysen von Greenpeace völlig haltlos sind.
Szenarien sind darüber hinaus immer mit Unsicherheiten verbunden, was in der Wasserschatzstudie umfassend beschrieben wird, worauf Greenpeace jedoch nicht im Detail eingeht. Befremdlich finde ich es auch, wenn man eine Studie des BML in einer Analyse verwenden, diese aber weder zitiert noch verlinkt. Das rundet das Bild auf diese von Greenpeace vorgenommenen nicht nachvollziehbaren Interpretationen ab.
oekoreich: Seitens gewisser politischer Akteure wurde aufbauend auf die Greenpeace-Aussendung kommuniziert, dass „die österreichische Trinkwasserversorgung in Gefahr“ sei. Ist die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser jetzt oder in absehbarer Zeit an irgendeinem Ort in Österreich gefährdet?
In Österreich können wir uns seit Generationen auf unsere (Trink)Wasserversorgung verlassen. Durch kontinuierliche Arbeit konnte der Anschlussgrad in der öffentlichen Trinkwasserversorgung auf 93% gehoben werden. 5.500 heimische Trinkwasserversorger versorgen die Bevölkerung mit qualitativ hochwertigem Grund- und Quellwasser. In den letzten beiden Jahrzehnten wurden über 10.000 km zusätzliche Wasserleitungen (entspricht einer Länge von Wien-Jakarta), über 2.400 Brunnen und 2.200 Quellfassungen neu errichtet sowie mehr als 760.000 Personen neu an eine öffentliche Versorgung angeschlossen. Alleine im Jahr 2023 wurden über 1.000 Trinkwasserprojekte umgesetzt.
Damit die Trinkwasserversorgung in Österreich auch angesichts des Klimawandels und zum Teil längerer Trockenperioden gewährleistet bleibt, hat das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft gemeinsam mit den Bundesländern einen Trinkwassersicherungsplan erarbeitet. Neben Präventions- bzw. Vorsorgemaßnahmen, die verhindern sollen, dass überhaupt ein Mangelfall eintritt, gilt es aber auch für den Notfall gerüstet zu sein, falls es zu einer Wasserknappheit kommt.
oekoreich: Welche Maßnahmen haben Bund & Länder getroffen, um die flächendeckende Wasserversorgung in Österreich sicherzustellen?
Im ersten Schritt handeln bei einer lokalen Wasserknappheit die Gemeinden und Länder. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass eine Wasserknappheit überregionale Dimensionen annimmt, enthält der Trinkwassersicherungsplan Handlungsempfehlungen für Notfallszenarien. Ein 5-Punkte-Programm zur langfristigen Sicherung der Trinkwasserversorgung in Österreich enthält die Verbesserung der Datengrundlagen und längerfristigen Prognosen, Forschung, Bewusstseinsbildung, Infrastrukturausbau und die laufende Evaluierung bestehender Pläne.
Um die für die Trinkwasserversorgung erforderlichen Investitionen auch langfristig zu garantieren, wurden die Fördermittel für die Siedlungswasserwirtschaft für die Jahre 2024-2028 deutlich angehoben: Statt bisher jährlich 80 Mio. Euro können künftig jährlich 100 Mio. Euro an Förderungen zugesichert werden. Zusätzlich gibt es für die Jahre 2024-2026 eine weitere (zweite) Sondertranche im Umfang von insgesamt 100 Mio. Euro. Für die nächsten 5 Jahre stehen somit insgesamt 625 Mio. Euro an Bundesförderung für die Siedlungswasserwirtschaft zur Verfügung. Das ist eine wichtige Finanzierungsbasis für die Infrastruktur unserer Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung.
Das hydrographische Messnetz in Österreich ist eines der umfangreichsten Messnetze in ganz Europa. Es besteht aus mehr als 3.800 Grundwasser-Messstellen verteilt über das gesamte Bundesgebiet und teils sogar ausgestattet mit Mobilfunk-Fernübertragung, sodass die Grundwasser-Situation tagesaktuell ausgewertet und beurteilt werden kann. Gemeinsam mit den Ländern wird im Rahmen des Trinkwassersicherungsplans seit Anfang 2024 die aktuelle Situation der Grundwasserstände regelmäßig analysiert und es werden auf dieser Basis Entwicklungsprognosen erstellt. Dadurch kann frühzeitig ermittelt werden, in welchen Regionen Versorgungsengpässe auftreten könnten.
oekoreich: Kritisiert wird auch, dass – anders etwa als in Deutschland – nicht genügend Daten zum Wasserverbrauch vorhanden sind. Welche Schritte werden in dem Bereich gesetzt?
Im Zuge der Wasserschatzstudie wurden umfangreiche Erhebungen zum Wasserverbrauch durchgeführt. Wie die Daten der letzten Jahrzehnte zeigen, ist die Entwicklung der Wasserentnahmen nicht dynamisch, sodass die Erhebung der Wasserschatzstudie einen fundierten Überblick über die Situation gibt. Im Zuge der Erstellung des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes (NGP) 2027 wird in den nächsten Jahren eine Aktualisierung erfolgen.
Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft und die Länder arbeiten zudem derzeit in einer Arbeitsgruppe an Rahmenbedingungen für die Erstellung eines Wasserentnahmeregisters. Dabei werden Fragen wie z.B. welche Entnahmen sollen ab welcher Mengenschwelle erfasst werden, wie soll die Erfassung und der Datenfluss gestaltet werden, usw. bearbeitet. Und wie diese Daten in künftige Prognosen sinnvoll einfließen können.
oekoreich: Danke für das Gespräch!
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