Der Europäische Rechnungshof, der sich selbst auch „Hüter der EU-Finanzen“ nennt, hat jüngst seinen 16. Sonderbericht im Jahr 2021 veröffentlicht. Der englischsprachige Bericht mit dem sperrigen Titel „Common Agricultural Policy and climate: Half of EU climate spending but farm emissions are not decreasing“ birgt einige Sprengkraft in sich, enthält er doch eine vernichtende Kritik an der EU-Förderpolitik im Bereich der Landwirtschaft.
Die Prüfer des EU-Rechnungshofes hatten zuvor die abgelaufene Agrarförderperiode untersucht, die von 2014 bis 2020 lief und ein Volumen von insgesamt über 380 Milliarden Euro umfasste. Damit stellt der Agrarbereich den mit Abstand größten Posten im EU-Budget dar, mehr als ein Drittel der gesamten verfügbaren Mittel fließt in die Landwirtschaften Europas. Vor allem die Verwendung der Steuergelder steht in der Kritik.
Die EU-Förderpolitik: Masse statt Klasse
Denn etwa als ein Viertel der Gesamtsumme, rund 100 Milliarden Euro, war dem Klimaschutz in der Landwirtschaft gewidmet, entfallen doch mehr als ein Viertel der globalen Treibhausgas-Emissionen auf die Lebensmittelerzeugung. Durch konkrete Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen sollte ein wesentlicher Beitrag zur Erreichung der EU-Klimaziele geleistet werden. Wie sich nun zeigt, wurde dieses Ziel absolut verfehlt.
Seit dem Jahr 2010 sind die Emissionen in der Viehhaltung dem Bericht zufolge nicht zurückgegangen. Das liegt, so die Prüfer, primär daran, dass die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union nicht darauf abziele die kleinbäuerliche, tier- und klimafreundliche Landwirtschaft zu fördern, sondern im Gegenteil den Absatz tierischer Erzeugnisse auch noch versucht zu steigern. Also Masse statt Klasse.
Unsere Kinder und Enkelkinder zahlen die Rechnung
Die 100 Milliarden Euro an europäischem Steuergeld seien also wirkungslos verpufft bzw. nicht dafür eingesetzt worden, wofür sie ursprünglich dotiert worden waren. Die europäische Landwirtschaft bleibt somit ein Ort großer Klimaschäden, obwohl alle Wirtschaftsbereiche angehalten sind konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz zu leisten. Eine vergebene Chance, die den Druck auf nachkommende Generationen erhöht.
Die EU-Agrarpolitik ist der zentrale Hebel zur Weiterentwicklung nationaler Landwirtschaften, speisen sich doch etwa im Fall von Österreich rund 75 Prozent aller öffentlichen Gelder aus den Töpfen der Europäischen Union. Wenn es dort nicht zu einem Bekenntnis zur Förderung der Erzeugung von regionalen, tier- und klimafreundlichen Lebensmitteln kommt, wird sich am Gesamtsystem wenig ändern.
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