Viele kennen mittlerweile die Schreckensbilder aus der deutschen Massentierhaltung, etwa rund um die Skandale beim Fleischkonzern Tönnies. Insbesondere die furchtbaren Zustände bei Schweinen haben sich zahlreichen Menschen geradezu ins Gedächtnis gebrannt. Dass sich daran seit Jahren kaum etwas geändert hat, zeigen nicht nur laufend neue Aufdeckungen aus Ställen. Wie schlecht die Bedingungen immer noch sind, haben jüngst auch 400 unangekündigte Kontrollen offenbart, bei denen es in fast 60 Prozent der Fälle zu Beanstandungen gekommen ist. Ein echtes Alarmsignal.
In einem Interview mit T-Online beschreibt der Veterinärmediziner Matthias Wolfschmidt die Lage in deutschen Schweineställen als hochproblematisch. Der Gesundheitszustand der Schweine, ein Symptom der Haltungsbedingungen, sollte den Verbrauchern zu denken geben: „Bei ungefähr jedem dritten Schwein zeigt der Schlachtkörper Hinweise darauf, dass das Tier nicht gesund war. Besonders häufig sind Abszesse, verklebte Lungenflügel, ein Hinweis auf durchgemachte Lungenentzündungen, und Anzeichen für Leber- oder Gelenkserkrankungen. Und das während ihres kurzen sechsmonatigen Lebens.“
Es braucht keine Labels, sondern höhere Standards
Über den eigenen Konsum hätten wir als Verbraucher zwar große Einflussmöglichkeiten, allerdings würden wir gar nicht erfahren, so der Experte, wie es den Schweinen während der Zeit der Aufzucht bzw. Mast ging. Ob sie krank waren oder nicht steht nicht auf der Packung. Die vielzitierte „Macht der Konsumenten“ würde also nicht greifen, daran ändere auch ein freiwilliges staatliches Tierwohl-Label nichts, wie es kürzlich in Deutschland geplant war aber schließlich doch gescheitert ist. Die reine Herkunftskennzeichnung, also die Angabe des Erzeugungsortes, würde nicht reichen, sage sie doch nichts über die Haltung aus.
Einen wichtigen Aspekt sieht der europaweite Kampagnenleiter von Foodwatch in der Unterstützung der Landwirte. Der „finanzielle und psychische Druck auf den Höfen ist extrem“ so Wolfschmidt, der die Bauern vielfach auch als Opfer des Systems sieht. Der einzelne Landwirt sei damit überfordert für mehr Tierwohl zu sorgen, dies liege in der Hand der Politik: „Guter Tierschutz muss endlich entlohnt werden.“ Seine Empfehlung besteht also nicht darin ein neues Label einzuführen, sondern die gesetzlichen Standards grundsätzlich so stark anzuheben, dass diese Form der Missstände gar nicht mehr möglich sei.
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