Nach Jahren des Widerstands unter Stadträtin Ulli Sima hat sich die Stadt Wien kürzlich dazu durchgerungen, endlich die Meinung der Expert*innen zu bestätigen und anzuerkennen, dass es niedrigere Schwellenwerte für eine Hitzefrei-Regelung für Fiaker-Pferde benötigt. Bislang dürfen diese auch bei Temperaturen von bis zu 35 Grad zur Arbeit gezwungen werden, die Bodentemperatur beträgt dabei bis zu 40 Grad. Stundenlang warten die Pferde in der prallen Sonne darauf, dass Touristen sich auf dem harten Beton durch die engen Gassen ziehen lassen.
Tierschutz-Stadtrat Jürgen Czernohorszky von der SPÖ hat kürzlich mit der Ankündigung aufhorchen lassen, dass er den Pferden künftig bereits ab 30 Grad Hitzefrei geben möchte. Ein hochnotwendiger Fortschritt, werden die Hitzetage doch in Städten angesichts der Klimakrise immer zahlreicher und die Bedingungen für Menschen und Tiere immer unerträglicher, gerade in stark verbauten Gebieten. Groß war daher die Freude unter den vielen Menschen in Wien, die sich bereits seit langem für eine solche Regelung einsetzen.
Die Ankündigung entpuppt sich als Zeitungsente
Leider entpuppte sich die Ankündigung des Stadtrats bei genauerem Hinschauen als Zeitungsente. Denn seine einzige Aktivität zum Schutz der Tiere bestand in Wahrheit darin, den für Tierschutz zuständigen Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein in einem offenen Brief dazu aufzufordern, eine bundesgesetzliche Regelung zu schaffen. Dabei kann die Stadt Wien ohne Probleme sofort für eine Verbesserung der Lage sorgen, auch Hitzefrei unmittelbar anordnen, statt auf eine langwierige und umständliche Gesetzesnovelle zu warten.
Das sagt der Minister zum Schutz der Fiaker-Pferde
Wir haben Bundesminister Wolfgang Mückstein dazu exklusiv gefragt:
oekoreich: Herr Bundesminister, das Elend der Fiaker-Pferde emotionalisiert seit Jahren viele Menschen in Wien. Sind Sie dafür, dass diese bei 30 Grad Hitzefrei bekommen sollen? Sollen diese gar aus der Wiener Innenstadt verschwinden?
Als Tierschutzminister unterstütze ich jede Regelung, die das Wohl der Tiere sicherstellt und ihnen unnötiges Leid erspart.
oekoreich: Der Wiener Stadtrat für Tierschutz, Jürgen Czernohorszky, hat Sie in einem Brief aufgefordert eine entsprechende bundesgesetzliche Regelung zu erlassen. Nun haben Sie geantwortet, dass Wien das selbst verfügen könnte. Was steckt dahinter?
Ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs bestätigt unsere Sicht, dass Stadtrat Czernohorszky hier tätig werden kann. Aber auch das Tierschutzgesetz gibt den Ländern, die für den Vollzug zuständig sind, eine klare Vorgabe. In § 5 ist ein Verbot der Tierquälerei festgeschrieben. Gegen dieses verstößt insbesondere, wer, so §5 Abs. 2 Ziffer 10 : „…ein Tier Temperaturen, Witterungseinflüssen, Sauerstoffmangel oder einer Bewegungseinschränkung aussetzt und ihm dadurch Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt“.
oekoreich: Werden Sie sich persönlich dafür einsetzen, dass es jetzt zu einem Ende in Wien kommt?
Ich habe bereits ein Gespräch mit dem Wiener Tierschutzstadtrat Jürgen Czernohorszky vereinbart, in dem wir Lösungsmöglichkeiten besprechen werden. Selbstverständlich ist mir als Tierschutzminister das Wohl der Tiere ein sehr großes Anliegen!
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