Kleidung zu kaufen war noch nie so günstig wie heute. Doch die damit verbundenen Umweltkosten spiegeln sich in den Preisen kaum wider. Ein Teil des Problems ist dabei der Umgang mit Ressourcen. Greenpeace wirft dem Textilhandel abermals vor, dass jährlich "Massen an neuwertiger Kleidung zerstört" und damit die Klimakrise befeuert wird. Die Umweltorganisation befragte große Modeketten in Österreich zum Umgang mit Retourware. Nur CA legte einige Zahlen offen.
Demnach verzeichnete CA 2020 etwa 540.000 Warenrückgaben und 2021 rund 565.000 retournierte Artikel in Österreich. Dabei seien alle nicht beschädigten Retouren wieder in den Verkauf gelangt, eine genaue Zahl wurde aber nicht genannt. Unverkaufte Ware werde an Großhändler weiterverkauft (2021: 160.000 Teile) oder an karitative Einrichtungen gespendet (2021: 11.000 Artikel).
Zerstörung: Die gängige Praxis
Die Umweltorganisation stellte Anfragen an die Modehäuser HM, CA, Peek und Cloppenburg, Kleiderbauer, Zara, den Online-Modehändler Zalando sowie an Amazon. HM, Peek und Cloppenburg sowie Amazon verwiesen auf hauseigene Nachhaltigkeitsinitiativen. Kleiderbauer, Zara und Zalando antworteten nicht.
Aus aktuellen Recherchen wisse Greenpeace, dass die "systematische Zerstörung von Neuwaren" nach wie vor gängige Praxis sei - insbesondere in der Textil- und Elektronikbranche, wenn Waren nicht innerhalb einer Saison verkauft werden können. Die Entsorgung komme Unternehmen oft günstiger, als retournierte Produkte aufzubereiten und wieder zu verkaufen. Eine Vorgehensweise, die in Zeiten der Klimakrise für heftige Kritik sorgt.
Kritik gibt es von der Umweltorganisation auch an Initiativen von Modehäusern, die alte Kleidung etwa gegen Rabattgutscheine zu tauschen und damit für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu werben. Die Secondhand-Kleidung lande häufig wegen schlechter Qualität auf Mülldeponien oder in Verbrennungsanlagen im globalen Süden, also in Ländern Afrikas oder Asiens.
Überschüssige Ware wird nicht erhoben
Offizielle Zahlen oder Statistiken zum Umgang mit überschüssiger Ware in Österreich gibt es nicht. Im Vorjahr haben sich nach Angaben des Handelsverbandes wegen der Lockdowns etwa 50 Millionen unverkaufte Wintermodeartikel in den Lagern aufgetürmt. Derzeit erzielten manche Händler gute Umsätze, andere spürten aber sehr wohl die Kaufzurückhaltung wegen der Teuerung. Auch Touristen aus Russland, den USA und aus Asien fehlten aktuell, teilte ein Branchenvertreter des Mode- und Freizeithandels auf APA-Anfrage mit. Der Branchenvertreter versicherte aber, dass unverkaufte Artikel nicht einfach weggeworfen, sondern stark reduziert angeboten oder an Charity-Aktionen weitergereicht werden.
In Österreich ist der Umgang mit retournierter Neuware gesetzlich nicht geregelt. Neben Umweltorganisationen sprach sich heuer der Klimarat für eine gesetzliche Verankerung des Verbots der Vernichtung von Neuwaren aus. Der Klimarat besteht aus 100 zufällig ausgewählten Menschen in Österreich und einem wissenschaftlichen Beirat.
In Deutschland gibt es seit 2020 eine gesetzliche "Obhutspflicht", die die unmittelbare Vernichtung von Retouren unterbinden soll. Für Verletzungen dieser Pflicht fehlt es aber noch an einer Sanktionsmöglichkeit. Greenpeace verwies diesbezüglich auf einen aktuellen Beitrag von "ZDF frontal". Dieser zeige, dass in deutschen Amazon-Lagern, die auch den österreichischen Markt bedienen, weiterhin retournierte Neuware vernichtet wird.
Bis zu 10 Prozent der Treibhausgas-Emissionen
Die EU-Kommission hat im Frühjahr 2022 eine Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien vorgelegt. Diese soll Hersteller entlang der gesamten Wertschöpfungskette, bis hin zur Entsorgung, in die Verantwortung nehmen. Die Verbrennung und Deponierung von Textilien soll in Zukunft im Rahmen der Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte untersagt werden.
Nach Angaben des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) verursacht die Modeindustrie bis zu 10 Prozent der weltweiten jährlichen Treibhausgas-Emissionen. Der EU-Kommission zufolge ist der Verbrauch von Textilien der viertgrößte Faktor, was Auswirkungen auf Umwelt und Klimawandel angeht. Hoher Wasserverbrauch, der Einsatz von Chemikalien im Färbeprozess und bei der Herstellung künstlicher Gewebe, die Wasserverschmutzung in Ländern des globalen Südens und die weiten Transportwege der Kleidungsstücke führen zur schlechten Umweltbilanz der Textilindustrie.
(oekoreich/APA)
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