Es gibt wahrlich viele skurrile Fälle von weitgereisten Lebensmitteln in den heimischen Supermärkten, denken wir nur an das berüchtigte „Flugobst“, oder auch an Fleisch aus Südamerika oder Asien. Aber dieses Produkt setzt neue Maßstäbe, auch aufgrund der globalen Aufteilung der Verarbeitungsschritte. Ausgerechnet bei HOFER, dem heimischen Ableger der deutschen Milliarden-Gruppe ALDI, findet man diesen irren Fall.
Aufgebracht hat ihn der VKI nach Beschwerde durch einen verärgerten Konsumenten, der erst beim Lesen der kleinen Produktbeschreibung auf der Rückseite erkannte, was er da eigentlich gekauft hatte. Die Konsumentenschützer recherchierten daraufhin die Lieferkette. Wie sich herausstellte, reisten die Zutaten für das kleine Marzipanschweinchen, das HOFER als Glücksbringer verkaufte, mindestens 30.000 Kilometer um die ganze Welt.
Rohstoffe aus fragwürdiger Quelle
Und das geht so: Die grundlegenden Rohstoffe für das Schweinchen, die Mandeln, kommen aus den USA. Das wäre zwar nicht notwendig, ist aber leider inzwischen durchaus üblich, Kalifornien ist mittlerweile eines der wichtigsten Anbaugebiete für Mandeln weltweit. Zum Schaden der Natur und der Menschen, denn es mangelt an Wasser und der Anbau der Mandeln benötigt viel davon. Doch der Profit ist groß und so geht der Raubbau weiter.
Die Mandeln machen sich dann auf den Weg nach Deutschland, wir nehmen mal über Land an per LKW, von der Westküste zur Ostküste. Tausende Kilometer auf der Straße, bis es dann auf das große Schiff geht. Es gibt natürlich auch noch die Möglichkeit, dass die Mandeln direkt von der Westküste mit dem Schiff bis nach Europa fahren, eruieren lässt sich das für uns aber nicht. Also nehmen wir im Zweifel den „klimafreundlicheren“ Weg an.
Mit dem Schiff nach Europa
Das Schiff reist also von der US-Ostküste über tausende Kilometer bis nach Europa, landet entweder in Rotterdam in den Niederlanden oder im Hamburger Hafen an. Auch das können wir nur erahnen, denn Auskunft erhalten wir keine auf der Packung und auch der VKI hat das nicht in Erfahrung gebracht. In Deutschland werden die Mandeln dann verarbeitet und zu einer Masse gemacht, die, richtig geraten, wieder auf Reisen geschickt wird.
Und zwar den ganzen weiten Weg bis nach Thailand, wo der nächste Verarbeitungsschritt wartet. Im asiatischen Land wird der Mandelmasse nämlich Zucker und Wasser beigemischt, erst danach kann das Gemisch als Marzipan bezeichnet werden. Händisch wird daraus dann das Schweinchen geformt, wie der VKI mit Hinweis auf die Packungsbeschreibung ausführt. Danach wird das Produkt in Plastik verpackt und zurückgeschickt.
Von Deutschland aus, wo es vermutlich im ALDI-Zentrallager eintrifft, wird es dann in die Filialen der HOFER-Märkte in Österreich gebracht. Und wartet als kostengünstiger Glücksbringer auf Menschen, die anderen gerne eine kleine Freude machen möchten. Dass die kleine Süßigkeit, die in wenigen Bissen vertilgt ist, praktisch die ganze Welt bereist hat und dabei Unmengen an Emissionen ausgestoßen wurden, das erfährt niemand.
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