Der milliardenschwere Konzern Amazon kommt nicht aus den Negativschlagzeilen. War vor kurzem noch sein Gründer Jeff Bezos wegen seiner mehr als unbedachten Wortwahl kritisiert worden, als er nach seinem millionenteuren privaten Weltraumflug anmerkte, dass die Kunden das bezahlt hätten, ist es nun das Unternehmen selbst.
Anlass sind diesmal nicht die miserablen Arbeitsbedingungen, die an vielen Orten dokumentiert sind, sondern die von vielen Menschen als „erniedrigend“ wahrgenommene Positionierung eines neuen Versandzentrums. Dieses wurde vom Konzern direkt in einen mexikanischen Slum gebaut, in die ärmste Gegend von Tijuana.
Die Grenzen des Anstands
Die hochmodernde Logistikhalle wirkt auf Fotos wie ein Raumschiff inmitten der Wellblechhütten. Seit Tagen wird der Konzern dafür kritisiert, dass er mit dem Bau der Anlage in der direkten Nachbarschaft von Menschen, die sich nicht einmal eine Wohnung leisten können, eine Grenze des Anstands überschritten hätte.
Doch der wahre Skandal findet nach Ansicht vieler hinter den hohen Werksmauern statt. Denn der Grund für den Bau des Logistikzentrums auf der mexikanischen Seite der Grenze hat einen simplen Grund: In Tijuana sind nicht nur die Löhne bedeutend günstiger als in den USA, es können auch Importbeschränkungen umgangen werden.
Umgehung von Import-Zöllen
Wie Charmaine Chua, Professorin an der University of California schreibt, ist das neue Zentrum dazu da, „super ausgebeutete mexikanische Arbeitskräfte einzusetzen, um Waren für den Import über die Grenze zu zerlegen.“ In kleinen Transporten werden sie demnach vom mexikanischen Tijuana aus über die Grenze nach San Diego gebracht, wo sie wieder zusammengebaut und versendet werden.
Auf diese Weise kann sich Amazon nicht nur Lohnkosten sparen, sondern umgeht auch die restriktiven Importzölle, die dazu dienen den US-amerikanischen Arbeitsmarkt zu schützen: „Sie werden chinesische Waren nach Mexiko verschiffen, sie zum Werk in Tijuana bringen, um sie zu verarbeiten und zu zerlegen, und sie dann in Einkaufstaschen-Größen unter 800 US-Dollar zu transportieren“, so die Expertin.
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