Es war eine dieser Nachrichten, bei denen wir zweimal lesen müssen, ob wir sie richtig verstanden haben. Vor kurzem hatte uns eine oekoreich-Leserin ein Foto von einem Produkt geschickt, das sie angeblich kürzlich in einer HOFER-Filiale in Niederösterreich erworben hatte. Es handelte sich dabei um tiefgefrorene Heidelbeeren aus der HOFER-Eigenmarke „Bio Natura“, einer Linie für Bio-Produkte aus Österreich und aller Welt.
Auf der Vorderseite der idyllisch gestalteten Karton-Packung der gefrorenen Beeren findet sich der Hinweis, dass die Früchte aus biologischer Erzeugung stammen. So weit, so gut. Auf der Rückseite findet sich dann aber die kleine, kaum wahrnehmbare Anmerkung, dass diese jedoch nicht aus europäischer Landwirtschaft kommen. Das erkennt man nur an dem von der EU vorgeschriebenen, kleinen Hinweis, links unten auf der Packung.
Eine lange Reise
Auf dem Mindesthaltbarkeitsdatum der in der heimischen HOFER-Filiale gekauften Packung liest man dann aber, dass der Inhalt scheinbar aus Argentinien stammt. Von Südamerika nach Europa gebracht dürften die tiefgekühlten Früchte dann über Italien werden, immerhin sitzt dort der Importeur von HOFER. Weiter geht’s dann offenbar nach Deutschland, bevor die Packungen in österreichischen Supermärkten landen.
Eine extrem weite Reise für Beeren, die es viele Monate im Jahr auch in Österreich gibt, die zu allen Zeiten des Jahres aber auch in Europa angebaut wird. Selbst wenn man außerhalb der Saison also Heidelbeeren konsumieren möchte, man müsste sie nicht aus Argentinien herbeischaffen. Man könnte sie beispielsweise in der Saison tiefkühlen und im Land lagern. Der ökologische Fußabdruck eines solchen Produkts ist so jedenfalls katastrophal.
Der gigantische Fußabdruck von ein paar Beeren
Denn nicht nur die zigtausenden Kilometer an Transporten mit LKWs und Schiffen müssen hier berücksichtigt werden, sondern auch der enorme Energie-Aufwand für die durchgängige Kühlung. Damit die wohl in Argentinien gefrorenen Früchte die vielen Wochen ihrer Reise nicht verderben, müssen sie kontinuierlich runtergekühlt bleiben. Wie viel Gas, Öl oder Kohle werden für diesen enormen Energieaufwand verheizt?
Das mag generell ein Problem bei langen Kühlketten sein. Doch insbesondere bei Produkten, die im Supermarkt absichtlich in einer „Öko“-Verpackung daherkommen und bei denen Konsument*innen von Konzernen eingeredet wird, dass diese mit ihrem Einkauf „die globale Wirkung dieser umwelt- und ressourcenschonenden Landbewirtschaftung“ fördern würden, sollte nicht so eine katastrophale Öko-Bilanz drinstecken.
Keine Antwort vom Konzern
Übrigens: Wir haben HOFER natürlich um eine Stellungnahme gebeten. Wie immer haben wir die zuständige PR-Agentur Rosam.Grünberger.Jarosch & Partner und das hauseigene Kundenservice gleichermaßen kontaktiert und um eine Stellungnahme ersucht. Wir wollten wissen:
· Wieso setzt HOFER bei seiner Bio-Eigenmarke auf Heidelbeeren aus Argentinien?
· Sind die Heidelbeeren nicht in Österreich oder Europa erhältlich?
· Wie passt das zum Anspruch einer „umwelt- und ressourcenschonenden Landbewirtschaftung“?
· Wer ist der konkrete Heidelbeer-Lieferant in Argentinien?
· Spielen lange Transportwege bei Bio-Produkten für HOFER keine Rolle?
Leider hat man uns diese Fragen nicht beantwortet. Wir haben fast zwei Wochen gewartet, doch weder die PR-Agentur noch das Team vom Kundenservice wollte auf unsere Fragen eingehen. Damit ist HOFER der einzige Handelskonzern in Österreich, der diese Form der beharrlichen Kommunikationsverweigerung praktiziert. Auch ein Statement.
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