Mit viel Pomp & Trara hat die zuständige Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger gemeinsam mit den Vertretern der organisierten Landwirtschaft und einem milliardenschweren Handelskonzern die große Reform verkündet: Das AMA-Gütesiegel wird bei der Schweinehaltung auf „noch mehr“ Tierwohl setzen! Was großartig klingt, entpuppt sich jedoch schnell als Mogelpackung der ersten Güteklasse.
Ein „Gütesiegel“, das keinerlei Güte enthält
Denn weder war das AMA-Gütesiegel bei Schweinen bislang ein Gütesiegel, noch wird es nun wirklich besser. Traurige Realität ist, dass AMA-Schweine bislang nur 0,7 Quadratmeter an Platz zum Leben haben. Sie leben auf Vollspaltenböden, haben keinen Freiluft-Zugang und werden mit genmanipuliertem Soja gefüttert, für dessen Anbau der Regenwald im Amazonas gerodet wird. Es steht also in Wahrheit für alles andere als für Güte.
Wer nun gehofft hatte, dass sich das jetzt ändert, weil immer mehr Menschen nach einem grundsätzlichen Wandel im Umgang mit Tieren und Natur rufen, wird bitter enttäuscht. Denn die AMA und das zuständige Landwirtschaftsministerium haben sich auf eine Reform geeinigt, die nichts anderes als die nächste Verhöhnung der Konsument*innen darstellt. Damit wird die systematische Entwertung des AMA-Standards vorangetrieben.
Von wegen „Tierwohl“
Das „Mehr an Tierwohl“, dass die Funktionäre der AMA meinen, sieht so aus, dass ein 100 Kilogramm schweres Schwein künftig einen Mehrplatz im Ausmaß von einem DIN-A4-Blatt erhält. Niemand kann ernsthaft behaupten, dass das irgendwas mit Tierwohl zu tun hätte. Die Konsument*innen werden mit solch irreführenden Sprachbildern also weiterhin von dem staatlich mitfinanzierten AMA-Konstrukt getäuscht.
Dass nachweislich nicht mal die Mitglieder das AMA-Verwaltungsrats, also Arbeiterkammer und Österreichischer Gewerkschaftsbund, über die Inhalte der "Reform" informiert waren, spricht Bände über das Konstrukt der AMA, das wohl grundlegend erneuert werden sollte. Auch der grüne Koalitionspartner in der aktuellen Regierung war in die Veränderungen nicht eingebunden und hat aus den Medien davon erfahren. So sieht jedenfalls kein kooperativer Weg aus.
Besonders frech sind daher die Ausführungen der Landwirtschaft, man habe im Vorfeld mit „allen relevanten Akteuren“ gesprochen und sei daher „sehr zufrieden“ mit dem Ergebnis. Meines Wissens wurden weder Expert*innen noch Konsument*innen eingebunden, ja noch nicht mal die eigenen Entscheidungsträger*innen. Wenn aber die mächtigen Handels- und Fleischkonzerne diejenigen sind, die in der Landwirtschaft weiterhin den Ton angeben, dann brauchen sich die Bauern nicht wundern.
Auch das Bauernsterben wird dadurch angeheizt
Sie brauchen sich nicht wundern, dass sie am Ende nicht überleben werden. Denn die „Reform“ des AMA-Gütesiegels ist nicht nur eine Fortsetzung der staatlich legitimierten Tierqual und Naturzerstörung, sie ist auch der pure Hohn für die Landwirte. Alle wissen, dazu reicht ein Blick nach Deutschland, dass diese Form der Landwirtschaft keine Zukunft hat. Der einzige Weg kann nur echtes Tierwohl und echter Naturschutz sein.
Wenn AMA, Landwirtschaftskammer und Bauernbund die Landwirte jetzt in vermeintlicher Sicherheit wiegen, dass diese Beschlüsse ihnen Sicherheit geben würde, dann betreiben sie bewusst Schindluder mit den eigenen Mitgliedern. Denn die Zeiten ändern sich und all jene, die sich JETZT nicht anpassen, werden den Strukturwandel nicht überleben. Mit ein paar Quadratzentimeter mehr Platz und Gensoja wird das nicht klappen. Schade!
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