840 Millionen Euro erwirtschaften vorwiegend multinational agierende Süßwaren-Konzerne wie Ferrero, Mondelez, Lindt oder Nestlé mit Schokolade jährlich in Österreich. Ein Gutteil davon wird rund um Ostern eingenommen, das Geschäft mit Osterhasen & Eiern aus Schokolade boomt in den Supermärkten. In den allermeisten Fällen erfahren die Konsument*innen jedoch weder in den Geschäften noch online, woher die Zutaten für diese Produkte stammen und wie sie erzeugt wurden.
Dass etwa für den Kakao große Flächen des westafrikanischen Regenwalds zerstört werden oder Kinderarbeit aufgrund der mickrigen Preise auf den Plantagen zum Alltag gehört, damit werben die Schoko-Multis nicht. Konsument*innen haben aufgrund der systematischen Intransparenz wenig Handlungsmacht an den Supermarktkassen, könnten aber als Bürger*innen für gesetzliche Rahmen sorgen. Etwa durch ein Lieferkettengesetz, wie es die von der Stiftung COMÚN getragene Österreichische Bürger*innen-Initiative für ein Lieferkettengesetz fordert.
„Angry Gorilla“-Kampagne informiert und aktiviert Bürger*innen
Dass es auch anders geht, zeigt die gebana AG. Mit ihrer „Angry Gorilla“-Kampagne sensibilisiert sie gemeinsam mit der Bundesstiftung COMÚN für die Hintergründe der Schokolade-Produktion und baut Druck von unten auf die Politik auf. Bürger*innen können sich an einer Postkarten-Aktion beteiligen, der „Angry Gorilla“ aus Schokolade ist zudem ein guter Ersatz für den üblichen Schokohasen, der nicht selten Kinderarbeit & Regenwaldrodung enthält. „Mit dem Angry Gorilla aus Schokolade machen wir auf die Missstände in der Schokoladenindustrie aufmerksam und kämpfen dafür, dass Konzerne endlich Verantwortung für ihr Handeln übernehmen“, erklärt Sandra Dütschler, Leiterin Kommunikation bei der gebana AG, und führt aus: „Damit sich nachhaltig etwas ändert, braucht es jetzt ein strenges Lieferkettengesetz ohne Schlupflöcher, das die Industrie in die Pflicht nimmt!“
Mit der Postkarten-Aktion fordert man die Europäische Kommission auf, das gegenwärtig in Verhandlung befindliche EU-Lieferkettengesetz möglichst umfassend und wirkungsvoll zu gestalten. Denn die Europäische Union importiert mehr als 60 Prozent der globalen Kakaoernte und hat damit einen bestimmenden Einfluss auf den Weltmarkt. Müssten Lieferketten transparent gestaltet sein, dürfte Kakao aus Kinderarbeit nicht importiert werden und müssten Konzerne haften, würde Millionen Menschen aus der Armut befreien, Kinderleid massiv reduzieren und die letzten verbliebenen westafrikanischen Regenwälder schützen.
Lieferkettenatlas: Wo Fünfjährige schuften und der Wald bis 2024 restlos zerstört wird
Was genau hinter dem großen Geschäft mit der Schokolade steckt, das zeigt das neue Kapitel „Kakao“ des Lieferkettenatlas, das heute von der Stiftung COMÚN veröffentlicht wurde. Es zeigt die Naturzerstörung an der afrikanischen Westküste, von wo 75 Prozent des weltweit gehandelten Kakaos stammen. 80 Prozent des Waldbestands wurden dort bereits vernichtet, Großteils für den Kakaoanbau. EU-Prognosen zufolge wird bis zum Jahr 2024 der komplette Regenwald an der Elfenbeinküste abgeholzt sein.
„Schokolade ist eines der vielen Produkte, die aus unserem Alltag oft nicht wegzudenken sind, mit deren konventioneller Produktion aber grobe Umweltzerstörung und unfassbares menschliches Leid verbunden sind. Wir dürfen das nicht länger dulden und müssen endlich regulierend eingreifen, weil sich das sonst niemals ändern wird“ ergänzt Veronika Bohrn Mena, Vorsitzende von COMÚN und berichtet weiter, dass auch Kinderarbeit ein großes Problem in der Kakaoproduktion ist.
In Ghana, dem zweitwichtigsten Produzenten von Kakao, und an der Elfenbeinküste, schuften rund 1,6 Millionen Kinder im Alter ab 5 Jahren auf Plantagen. Ein zentraler Treiber für die Ausbeutung der Minderjährigen ist, dass der extrem niedrige Preis, den die Konzerne für den Kakao bezahlen gekoppelt mit den kleinen Flächen, die die Bauernfamilien bewirtschaften, zu wenig einbringt zum Leben. Nur rund 7 Prozent vom Verkaufspreis einer Tafel Schokolade gehen im Schnitt an die Bauernfamilien in den Produktionsländern.
Freiwilligkeit und "Gütesiegel" funktionieren nachweislich nicht
Seit Jahren versprechen die Süßwaren-Konzerne, dass sie effektiv gegen Naturzerstörung und Kinderarbeit in ihren Lieferketten vorgehen werden – passiert ist bislang wenig. Die Produkte von Mondelez, Ferrero oder Nestlé verfügen zwar über „Gütesiegel“, diese werden jedoch weder unabhängig kontrolliert, noch würden faire Löhne garantiert oder die Kinderarbeit tatsächlich unterbunden, wie Berichte von NGOs dokumentieren.
„Es ist für Unternehmen jetzt entscheidend, in ihre Lieferketten zu investieren, um sich auf zukünftige Markt- und Gesetzesanforderungen auf europäischer und globaler Ebene vorzubereiten" erklärt daher Markus Bürger, Vorstandsvorsitzender der Allianz für Entwicklung und Klima in Österreich und Sprecher der Initiative für ein Lieferkettengesetz.
Die österreichische Initiative für ein Lieferkettengesetz versucht daher in Zusammenarbeit mit Expert*innen und der Wirtschaft, „Frontrunner“ vor den Vorhang zu holen. Diese Unternehmen zeigen auf, wie von einem starken EU-Lieferkettengesetz auch europäische Produzenten profitieren, indem sie auf menschenrechtlich und ökologisch einwandfreie und transparente und somit nachhaltige Lieferketten setzen. Durch niedrige Preise infolge von Ausbeutung verursachte Verzerrungen im Wettbewerb würden dadurch korrigiert.
Infos zur Kampagne „Angry Gorilla“: www.angry-gorilla.com/de
Infos zum Kapitel „Kakao“ des Lieferkettenatlas: www.lieferkettenatlas.com/kakao
In eigener Sache: Wir arbeiten unabhängig von Parteien und Konzernen. Um unseren Fortbestand zu sichern, sind wir auf Abonnent*innen angewiesen. Bitte schließen Sie jetzt ein Abo ab und ermöglichen Sie damit unsere Berichterstattung. Danke!