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„Ich will die Forderungen des Tierschutzvolksbegehrens auch in Linz umsetzen“

Linz ist das Zentrum einer Region mit 800.000 Einwohner*innen - und will klimaneutral werden. Doch was bedeutet das? Stadträtin Eva Schobesberger im Gespräch.

9/22/2021
  • Tiere
  • Klima
  • Österreich
  • Umwelt
„Ich will die Forderungen des Tierschutzvolksbegehrens auch in Linz umsetzen“

Am 26. September findet die Landtagswahl in Oberösterreich statt, doch auch auf Gemeindeebene wird neu gewählt. Die wichtigste, weil größte Stadt in Oberösterreich, ist die Landeshauptstadt Linz. Mit über 200.000 Einwohner*innen ist sie die drittgrößte Stadt Österreichs, sie fungiert aber auch als Zentrum des zweitgrößten Ballungsraums des Landes mit über 800.000 Einwohner*innen. Entsprechend bedeutsam ist die Stadtpolitik nicht nur für ihre unmittelbaren Bewohner*innen, sondern auch für die ganze Region.

Kürzlich wurde bekannt, dass Linz den Zuschlag bei der Ausschreibung „Stadt der Zukunft“ erhalten hat, nun soll ein ambitioniertes Programm zur Erreichung der Klimaziele auf kommunaler Ebene umgesetzt werden. Das Ziel ist eine „klimaneutrale Stadt“. Federführend verantwortlich dafür ist Umweltstadträtin Eva Schobesberger.  oekoreich hat mit der 45 Jahre alte Juristin gesprochen, die seit 2009 Linzer Stadträtin für Frauen, Umwelt, Naturschutz und Bildung – und Spitzenkandidatin bei der aktuellen Wahl ist.

oekoreich: Von wem kommt die Vision hinter der „klimaneutralen Stadt Linz“ und was umfasst sie?

Die menschengemachte Klimaerwärmung findet statt und wird durch die global unbeschränkt weiter steigenden Treibhausgasemissionen weiter befeuert. Auch in Linz werden die Auswirkungen immer deutlicher spürbar. Hitzewellen treten häufiger auf und dauern länger, die Anzahl an Hitzetagen und Tropennächten nimmt zu und Extremwetterereignisse wie Starkregen oder Hagel werden häufiger. Nur durch Klimaschutz kann diese Entwicklung aufgehalten werden.

Hier stellen Städte einen besonders wirksamen Hebel für effektive Klimaschutzmaßnahmen dar. Sie bedecken nur etwa drei Prozent der irdischen Landfläche, sind aber für drei Viertel aller globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Um für Linz einen Weg zur Klimaneutralität aufzuzeigen und eine Roadmap zu entwickeln, wie diese bis 2030 erreicht werden kann, hat sich das Umweltressort der Stadt Linz bei der „Stadt der Zukunft“-Ausschreibung der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft beteiligt und nun auch einen Zuschlag erhalten. So wird das Projekt „KlimaStadtLinz2030“ seitens der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) durch Unterstützung des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie mit knapp 100.000 Euro gefördert.

Im Rahmen des Projekts soll die aktuelle Situation im Hinblick auf gesicherte klimarelevante Daten, wichtige Akteur*innen, bereits bestehende Klimaschutzmaßnahmen und Steuerungsinstrumente im Wirkungsbereich der Stadt Linz detailliert erhoben werden. Bestehende und neue Maßnahmen sollen, zusammen mit einer aus einem die Bürger*innen einbindenden partizipativen Prozess entstandenen Vision zur Klimaneutralität von Linz bis 2030, als Basis für eine neue Klimastrategie der Stadt dienen.

Insgesamt sollen mit den Erkenntnissen aus KlimaStadtLinz2030 auch weitere Projekteinreichungen im Rahmen der EU-Mission „100 klimaneutrale Städte bis 2030 – für und mit den Bürgerinnen und Bürgern“ vorbereitet werden. Hier werden Projekte gefördert, in denen die von der EU-Kommission angestrebte Klimaneutralität 2050 schon bis 2030 in ausgewählten Städten exemplarisch umgesetzt werden soll. 

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Ausgerechnet Linz - die "Stahlstadt" ist nicht gerade als klimafreundlich bekannt
oekoreich: Wieso eignet sich gerade Linz dafür?

Die Stadt ist von ihrer Größe her und im Hinblick auf Klima sowie wirtschaftliche und sozio-ökonomische Entwicklung her ein gutes Modell für viele mitteleuropäische Städte und kann daher auch als Vorbild dienen.

oekoreich: Die Großindustrie in Linz ist in Ermangelung der Zuständigkeit ausgeklammert – gibt’s dennoch Ambitionen, auf den Bund einzuwirken, dass hier Fortschritt im Sinne der Linzerinnen und Linzer passiert?

Nicht nur in Ermangelung der Zuständigkeit, auch die Dimension der Emissionen der voestalpine sind immens, ist sie doch einer der größten Emittenten Österreichs. Bei der Großindustrie bedarf es deshalb gesamtösterreichischer und europäischer Anstrengungen und Unterstützungsmaßnahmen, um den Weg zur Klimaneutralität zu beschreiten. Im Fall der voestalpine existieren bereits konkrete Ambitionen zur Vermeidung von CO2-Emissionen aus der Stahlproduktion durch wasserstoffgestützte Technologien, mit der Zielsetzung die Emissionen bis 2050 auf 20 Prozent des Emissionsniveaus im Jahr 2020 zu reduzieren.

Im Rahmen des EAG wird durch den Einsatz von Leonore Gewessler vor allem auch die voestalpine dabei mit beträchtlichen Summen unterstützt werden, so soll mit 500 Millionen Euro eine grüne Transformation bzw. die Produktion von „grünem Stahl“ ermöglicht werden.

oekoreich: Welche Rolle spielt der Lebensmittel-Konsum bei den Emissionen, wie sehen diesbezüglich die geplanten Aktivitäten bei der öffentlichen Beschaffung aus?

Für Linz selbst liegen im Hinblick auf den Lebensmittel-Konsum noch keine Daten vor, welche eine Einordnung auf Stadtebene ermöglichen würde. Im Rahmen von KlimaStadt2030 soll jedoch versucht werden die entsprechenden Emissionen abzuschätzen. Bezogen auf die öffentliche Beschaffung bekennt sich Linz bereits seit 2014 zu dem Ziel die Beschaffung so weit wie möglich auf fair gehandelte Produkte umzustellen und den Einkauf vorrangig ökologisch zu bewerkstelligen. Darunter fällt, unter anderem, der Einkauf saisonaler ökologischer Produkte regionaler und kontrollierter Herkunft für Kindergärten und Seniorenzentren. Ein Zentrallager der Stadt Linz leistet zusätzlich einen Betrag dazu den Lieferverkehr zu reduzieren.

Mein Ziel ist zudem, dass die Forderungen des Tierschutz-Volksbegehrens bestmöglich auf städtischer Ebene umgesetzt werden. Einen konkreten Antrag dazu haben die Grünen Linz bereits im Juli in den Gemeinderat eingebracht. Leider haben wir bis jetzt keine Zustimmung dazu erhalten, wir werden uns aber auch in Zukunft vehement dafür einsetzen. 
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Eva Schobesberger gilt als Katzenliebhaberin
oekoreich: Gibt’s schon Ableitungen aus dem aktuellen IPCC-Bericht, wie sich die Klimaerwärmung auf Linz auswirkt?

Bei stärkerer globaler Erwärmung ist allgemein von einer Zunahme an Extremereignissen auszugehen. Hitzeereignisse zum Beispiel, die jetzt alle drei Jahre auftreten, werden bei einer globalen Erwärmung von 2 °C etwa alle zwei Jahre auftreten, bei einer Erwärmung um 4 °C sogar jährlich. Zusätzlich steigt noch die Intensität der Ereignisse an.

Für Linz existieren Berechnungen die für das Worst Case Szenario gegen Ende des Jahrhunderts in manchen Teilen der Stadt im Mittel über 60 Hitzetage pro Jahr (Höchsttemperatur über 30 °C) vorhersagen. Zum Vergleich: In den letzten 10 Jahren konnte man im Schnitt mit 20 Hitzetagen pro Jahr rechnen, und bereits das ist mehr als das Vierfache von dem was man im Mittel in den 60er Jahren erwarten konnte.

Der aktuellste IPCC Bericht zeigt deutlichst auf, dass ein Begrenzen der Klimaerwärmung auf 1.5 °C nur dann erreicht werden kann, wenn die Emissionen von Treibhausgasen jetzt reduziert werden. Nur so können die extremen Auswirkungen des Klimawandels gestoppt werden.

oekoreich: Welche Maßnahmen setzt die Stadtregierung, um Hitzeinseln zu deaktivieren, Biodiversität in der Stadt zu fördern und Begrünung zu forcieren?

Zunächst wurde mit der Stadtklimaanalyse der Ist-Zustand des Linzer Stadtklimas erfasst und für die Belüftung und Kühlung der Stadt wichtige Belüftungskorridore identifiziert. Letztere sollen entsprechend der Linzer Klimastrategie erhalten werden. Die Stadtklimaanalyse dient auch als Basis für ein gerade in Entwicklung befindliches Klimaanpassungskonzept, welches eine strategische Grundlage bilden wird, um Auswirkungen des Klimawandels in Linz abzufedern. Dies soll unter anderem durch Aktionspläne, welche mehrere aufeinander abgestimmte Maßnahmen für stadtklimatologisch benachteiligte und besonders kritische Gebiete beinhalten, geschehen.

Weitere Maßnahmen sind die Förderung von Dach- und Fassadenbegrünungen, eine Baumförderung sowie das Ediktalverfahren 2 welches Klimaanpassungsmaßnahmen in bestehende Bebauungspläne nachzieht. Zusätzlich ist eine Baumpflanzoffensive in Umsetzung welche ausgewählte Straßenzüge mit Bäumen nach dem Schwammstadtverfahren begrünt. Einzelprojekte die im Rahmen des Linzer Klimafonds gefördert werden befassen sich beispielsweise mit der Begrünung des Vorplatzes des Nordico Stadtmuseums und des Innenhofs der Goetheschule. Während Begrünungsmaßnahmen insbesondere auch Lebensraum schaffen und somit die Biodiversität fördern, haben Renaturierungen von Bächen in Linz ebenfalls zu diesem Ziel beigetragen.

Was Artenschutzmaßnahmen betrifft, hat Linz durchaus einen Vorbildcharakter. So haben wir mit der Naturkundlichen Station, der Zeitschrift ÖKO.L und der Stadtbauernförderung für ökologische Maßnahmen als eine der wenigen Städte überhaupt eine eigene Stelle für Forschung und Bewusstseinsbildung in Sachen Artenschutz und Biodiversität. Zudem wird im Moment an einer neuen Biotopkatierung und einem stadtökologischen Umsetzungsprogramm gearbeitet.

Wichtigster Punkt wird aber ein aktiver Baum-und Bodenschutz sein. Der Linzer Grüngürtel und die innerstädtischen Park- und Grünanalgen müssen vor der derzeit vorherrschenden investorengetriebenen Stadt-und Verkehrsplanung konsequent geschützt werden. Dafür müssen die aktuellen Mehrheitsverhältnisse im Linzer Gemeinderat und im oberösterreichischen Landtag gebrochen werden.   



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