Auf Einladung der gemeinnützigen Bundesstiftung COMÚN fand am 12. Dezember 2023 in Wien eine besondere Diskussionsveranstaltung statt. In das Pressezentrum der Austria Presse Agentur (APA) geladen waren Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Fachbereichen, die eines vereint: Die Sorge um den Wald. Unter ihnen war auch Willibald Ehrenhöfer, Forstdirektor und Leiter des Forstbetriebs Franz Mayr-Melnhof-Saurau in der Steiermark.
Ehrenhöfer ist nicht nur Chef über tausende Hektar an Wald, er verwaltet den größten privaten Waldbesitz Österreichs, sondern auch gefragter und erfahrener Experte im Bereich der nachhaltigen und multifunktionalen Waldbewirtschaftung. oekoreich hat ihn und den ebenfalls bei der Diskussionsveranstaltung „Klima & Wald“ mitwirkenden Autor & Förster Peter Wohlleben, getrennt voneinander zum Gespräch gebeten.
Es ging dabei um die Nutzung des Waldes, die Funktion des Holzbaus sowie um politische Entscheidungen und gesetzliche Rahmenbedingungen. Im zweiten Teil der zweiteiligen oekoreich-Interviewreihe kommt im Nachfolgenden Willibald Ehrenhöfer zu Wort. Seine Antworten auf unsere Fragen sind nicht gekürzt, sondern von ihm selbst schriftlich formuliert. Die gleichen Fragen haben wir übrigens auch Peter Wohlleben gestellt.
oekoreich: Liegt die Zukunft des Waldes Ihrer Meinung nach in seiner Außer-Nutzung-Stellung oder in einer ökologischen Bewirtschaftung?
Willibald Ehrenhöfer: Eindeutig in der nachhaltigen Bewirtschaftung.
oekoreich: Unter welchen Bedingungen kann eine ökologische Holznutzung Ihrer Meinung nach klappen?
Willibald Ehrenhöfer: Sie klappt bereits seit Jahrhunderten, sonst wären die heutigen Bestände nicht schützenswert. Natürlich brauchen wir Vielfalt. Vielfalt beginnt aber schon bei den unterschiedlichen Zielsetzungen der Waldeigentümer und diese sollen auch über Ihren Grund und Boden entscheiden können (selbstverständlich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und im Sinne einer langfristig nachhaltigen und multifunktionalen Waldbewirtschaftung).
Zur Vielfalt gehört aber auch Arten- und Strukturvielfalt in der Flora und Fauna. Hohe Biodiversität ist bei einer langfristig nachhaltigen Denkweise Voraussetzung für einen gesunden Boden und die damit verbundene Ertragskraft. Die meisten Waldeigentümer denken und handeln so, dass sie diese Ertragskraft auch für die nächsten Generationen aufrecht erhalten.
oekoreich: Sehen Sie bspw. den Holzbau als ein Instrument im Kampf gegen den Klimawandel, etwa um die Verwendung von Beton zu kompensieren?
Willibald Ehrenhöfer: Der Holzbau kann bereits sehr viel und er wird noch viel mehr können. Holz kann & könnte v.a. im Hochbau und Wohnbau aber auch in Spezialkonstruktionen einen wesentlichen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten!!! Nämlich in mehrfacher Hinsicht. Erstens: Es speichert langfristig CO2 (als zweiter Wald in der Stadt). Zweitens: Es substituiert energieintensive und weniger ökologische Baumaterialien wie Stahl, Beton, Ziegel, Kunststoffe, die Großteils auch einen extrem hohen CO2 Ausstoß im Transport verursachen (Holz hat eine extrem hohe Lastabtragung je KG Eigengewicht! - Holz ist leicht und trägt/stützt große Lasten).
Drittens: Holz hat auch bereits selbst eine niedrige Wärmeleitfähigkeit und trägt damit als Konstruktion schon viel zu einem niedrigen Energieverbrauch eines Gebäudes bei bzw. braucht man für den gleichen Energieverbrauch weniger Dämmstoff. Viertens: Holz ist gut wiederverwendbar und wiederverwertbar (da gibt es aber auch noch Verbesserungsbedarf – wie auch bei allen anderen Materialien – Stichwort: ECODESIGN). Fünftens: Holz schafft ein besseres Wohnraumklima.
oekoreich: Vielen Menschen, insbesondere in Städten, fehlt inzwischen der persönliche Bezug zum Wald. Wie können wir wieder stärkere Bezüge aufbauen?
Willibald Ehrenhöfer: Ich glaube, dass viele Menschen (gerade in Österreich) noch einen Bezug zum Wald haben! Die meisten aber eben einen sehr individuellen! Wie generell in der Gesellschaft nimmt der Individualismus, wenn nicht sogar Egoismus, stark zu und die Rücksichtnahme ab. Ein Ökosystem ist aber sehr komplex und durch sehr viele Wechselwirkungen unterschiedlicher Einflussfaktoren geprägt. Das ist die Schwierigkeit unserer Branche, den einzelnen Akteuren die Auswirkungen und Zusammenhänge in dieser Komplexität näher zu bringen.
Wenn wir stärkere Bezüge aufbauen wollen, müssen wir auf jeden Fall mehr kommunizieren! Das klingt sehr einfach, ist es aber nicht! Wir können das als Waldbewirtschafter auch gar nicht alleine bewerkstelligen, dafür fehlen uns die Ressourcen. Wir müssen das aber tun und die unterschiedlichen Zielgruppen in der Bevölkerung mit maßgeschneidert aufbereiteten Informationen und Kampagnen abholen.
oekoreich: Wenn Sie die politischen Entscheidungen treffen könnten – wie würden Sie den gesetzlichen Rahmen hinsichtlich Waldnutzung und Waldbewirtschaftung anders gestalten als derzeit?
Willibald Ehrenhöfer: Ich kann und will keine politischen Entscheidungen treffen, weil dies in einer Demokratie alle gemeinsam machen. Die Rahmenbedingungen sind aber so zu gestalten, dass die Waldbewirtschaftung weiter uneingeschränkt möglich sein muss, natürlich im Einklang mit der Natur! Ich glaube, wenn man die Leistungen des Waldes (Schutzwirkungen, Erholungswirkung, Wohlfahrtswirkungen wie Sauerstoffproduktion, Wasserreinhaltung, Luftreinhaltung, Wasserspeicherung, CO2-Speicherung, Artenvielfalt, etc.) und jene der Waldeigentümer (Weginstandhaltung, Neophytenpflege, Artenschutzmaßnahmen, Biodiversitätsmaßnahmen, Landschaftspflege, etc.) stärker kommuniziert und auch wirklich bewertet und in Wert setzt, dann steigt auch die Wertschätzung in der Bevölkerung!
Die gesamte Diskussion kann man hier nachschauen.
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