Die Spargelzeit ist angebrochen und in den Supermärkten türmen sich die begehrten Stangen wieder in allen möglichen Varianten. Die Preise sind durchaus happig, rund 12 Euro pro Kilogramm legt man für die Ware aus unbekannter oder deutscher Herkunft ab. Für den weißen Spargel aus der Region, die „Premium-Variante“ also, muss man hingegen schon gut und gerne 14 Euro bezahlen. Am günstigsten ist interessanterweise ausgerechnet der Bio-Spargel mit knapp 10 Euro. Liegt wohl daran, dass er aus der Slowakei stammt.
Der größte Spargel-Erzeuger Europas ist Deutschland, auf einer Fläche von über 22.000 Hektar wird hier angebaut. Rund 100 Millionen Kilo Spargel werden in Deutschland jährlich geerntet, weltweit erzeugen nur China, Peru und Mexiko mehr. In Österreich liegt der Selbstversorgungsgrad von Spargel hingegen nur bei rund 55 Prozent, es muss also etwas weniger als die Hälfte der konsumierten Ware importiert werden. Spargel ist insbesondere in Deutschland sehr beliebt, im Schnitt werden dort 1,7 Kilogramm pro Kopf pro Jahr verzehrt.
Arbeit in der Quarantäne: Wie im Horrorfilm
Wir hinterfragen in der Regel im Supermarkt nicht, woher der Spargel genau kommt, dabei ist die Kenntnis seiner Herkunft sehr wichtig. Nicht nur aus ökologischer Sicht, wenn etwa der Spargel tausende Kilometer zurücklegt, um am Ende auf unserem Teller zu landen. Denn wie prekär besonders auch die Arbeitsbedingungen in der Spargel-Branche sind, zeigt ein aktueller Fall in einem der größten Spargel-Erzeuger Deutschlands. Über 1.000 Menschen arbeiten auf dem Spargelhof der Thiermann GmbH in Niedersachsen.
Übrig bleibt am Ende oft nur noch ein Hungerlohn, mit dem sich kaum eine der Arbeiterinnen und Arbeiter ein Spargel-Mahl aus dem Supermarkt leisten könnte.
Der großflächige Ausbruch von Corona-Infektionen hat – ähnlich wie bei Tönnies – nun Einblick in die Realitäten der Beschäftigten gegeben, die zum Großteil aus Rumänien und Polen stammen. „Es war wie im Horrorfilm“ sagen Beschäftigte unter Zusicherung der Anonymität zur Deutschen Welle. „Wir werden wie Sklaven behandelt“ sagt eine andere Betroffene und beschreibt den Alltag in der Arbeitsquarantäne. Problematisch ist für viele nicht nur der Ausnahmezustand, sondern auch die Bezahlung.
Ein Lohn, von dem man sich kein Spargel-Mahl leisten kann
Lediglich 6 bis 7 Euro pro Stunde verdienen die Feldarbeiter in der deutschen und österreichischen Spargelbranche, davon werden oft auch noch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung abgezogen. Und zwar vom Arbeitgeber selbst, der die Wohnungen bereitstellt und auch gleich das Essen anbietet – zu einem Preis, der mitunter über dem Supermarktkosten liegt. Übrig bleibt am Ende oft nur noch ein Hungerlohn, mit dem sich kaum eine der Arbeiterinnen und Arbeiter ein Spargel-Mahl aus dem Supermarkt leisten könnte.
Vielfach arbeiten die Erntehelferinnen und Erntehelfer ohne jeglichen Schutz, denn von Gesetzes wegen dürfen sie in der Europäischen Union bis zu 102 Tage ohne Sozialversicherung arbeiten. Und zwar aus Kostengründen, dabei würde eine Krankenversicherung die Arbeitgeber lediglich 50 Cent pro Kopf und Arbeitstag kosten. „Hier ist es schlimmer als im Schlafstall“ sagen rumänische Arbeiter zu den Containern, in denen sie untergebracht sind. Kein Wunder, dass sie so schnell wie möglich heimwollen.
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