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Reportage

Auch Baumarten aus Kalabrien: So sehen künftig klimafitte Wälder in Österreich aus

Während Tiere auf veränderte Klimaverhältnisse reagieren und in für sie günstigere Gebiete migrieren können, können Bäume das so nicht.

8/26/2024
  • Klima
  • Wald & Holz
  • Österreich
Auch Baumarten aus Kalabrien: So sehen künftig klimafitte Wälder in Österreich aus

Während Tiere auf veränderte Klimaverhältnisse reagieren und in für sie günstigere Gebiete migrieren können, können Bäume das so nicht. Wälder sind aber ein wichtiger Faktor im Kampf gegen Klimawandel. Dass eine durch den Menschen "unterstützte Migration", also eine gezielte Auswahl von klimafitten Baumarten und Samen bei Aufforstungen, Wälder als CO2-Senken bewahren kann, zeigte ein Team um Silvio Schüler vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW).

Die Rolle von Wäldern als CO2-Senke gilt angesichts des Klimawandels als zentral, vermindern sie doch mit dem Entzug von CO2 aus der Atmosphäre auch den globalen Temperaturanstieg. Doch um Wälder als Kohlenstoffsenke zu erhalten, reiche es nicht aus, einfach mehr Bäume zu pflanzen, hieß es in einer Aussendung des BFW. Das internationale Forscherteam um Schüler und Erstautor Debojyoti Chakraborty konnte im Journal "Nature Climate Change" nun aufzeigen, welche Schlüsselrolle die unterstützte Migration ("assisted migration"), die letztlich den Genfluss von Arten und Baumbeständen lenkt, spielen kann. Sie habe ein großes Potenzial, "um die Leistung der europäischen Wälder, Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufzunehmen, auch im Rahmen des Klimawandels zu erhalten oder sogar zu erhöhen", sagte Schüler, Leiter des BFW-Instituts für Waldwachstum, Waldbau und Genetik zur APA.

Neue Studie zeigt enormes Potenzial

In der Studie wurden Daten aus 587 langfristigen Versuchen in Europa, im Rahmen derer Bäume mit Samenherkünften aus verschiedenen geografischen Regionen und lokale Anpassung, Wachstum und Überleben der Bäume untersucht werden, analysiert. Im konkreten Fall
berücksichtigte das Team Samenherkünfte aus 2.964 Wäldern. Durchgeführt wurden Modellierungen entlang von Klimaszenarien – für das derzeitige Klima (1991-2010) und die Periode 2061 bis 2080 – für sieben Baumarten (Weißtanne, Gemeine Fichte, Waldkiefer, Europäische Lärche, Buche, Traubeneiche und Stieleiche). Referenzflächen bildeten dabei ein Quadratkilometer große Rasterzellen mit dem Bestand von jeweils einer Baumart.

Europas Wälder nehmen insgesamt etwa 250 Mio. Tonnen Kohlenstoff pro Jahr auf, so Schüler. Man habe sich in der eigenen, exemplarischen Studie auf noch eher junge Wälder und ihre potenziellen Leistungen in den nächsten 40 Jahren konzentriert. Darauf aufbauend zeigte sich: Wenn nur lokale Samen im Rahmen der Aufforstungen genutzt werden, würde sich die Kohlenstoff-Aufnahmefähigkeit dieser Wälder von den aktuellen, als Ausgangswert genutzten 40 Millionen Tonnen organischen Kohlenstoffs pro Jahr um bis zu 41 Prozent in den Jahren 2061 bis 2080 reduzieren. Falls aber gezielt klimafitte Samen eingesetzt würden, könnte die aktuelle Aufnahmeleistung der Wälder gesichert, wenn nicht sogar auf bis zu 60 Millionen Tonnen pro Jahr in der Periode 2061 bis 2080 gesteigert werden, heißt es in der Studie.

Nadelbäume müssen den Laubbäumen weichen

Es bestätigte sich zudem, dass die bisher oft genutzten Nadelbaumarten künftig vermehrt durch die widerstandsfähigeren Laubbaumarten bei Aufforstungen ersetzt werden sollten. Fichten und Kiefern würden vom Anteil an Europas Waldflächen her wohl vermehrt Buchen und Eichen weichen, erläuterte Schüler, "wobei wir uns hier auf ihre gesamten Flächenanteile beziehen, die jeweilige Eignung jedoch von den genauen Standortbedingungen abhängt".

Aber was gilt nun als klimafitter Samen? "Bei der Tanne sind wir etwa schon bei Samen mit Herkunft aus Kalabrien", sagte Schüler. So beginne man derzeit auch, in Österreich eine entsprechende Samenplantage anzulegen. Es gebe bereits erste Aufforstungen mit der kalabrischen Tanne. Zudem untersucht das BFW auch Eichenarten vom Balkan sowie Fichten aus Serbien oder Griechenland.

"Wie weit man geografisch gehen muss, hängt immer von der Baumart ab sowie von lokalen Anpassungen", erklärte Schüler. Es habe sich gezeigt, dass sich - vereinfacht gesprochen - Baumarten aus dem ost- und südosteuropäischen Raum künftig als klimafitte Alternative anbieten könnten, und zwar aufgrund ihrer Anpassungen an kontinentales Klima und seine insgesamt höheren Temperaturschwankungen im Jahresverlauf. "Durch die strategische Auswahl von Saatgut, das an die künftigen Klimabedingungen angepasst ist, können wir sicherstellen, dass Aufforstungs- und Renaturierungsmaßnahmen wirksam zum Klimaschutz beitragen", so die Forscher, die künftig auch Modelle generieren möchten, mit denen sich Mischwaldeffekte auf die Leistungsfähigkeit bei der Kohlenstoffaufnahme ableiten lassen.

Die gesamte Studie kann man hier einsehen.

(oekoreich/APA)


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